Der am 2. Dezember 1904 geborene Anton Sch. stammt aus einer Arenberger Bauersfamilie. Die Volksschule absolviert er, ohne dass Probleme bekannt sind. Obwohl man später intensiv danach sucht, gibt es in den Familien der Eltern keine psychischen Auffälligkeiten. Nach der Schule arbeitet Anton in der elterlichen Landwirtschaft; er gilt als tüchtig. Im Jahr 1928 fällt er auf, weil er im Bett liegt und sich nicht mehr bewegen kann. Die Ärzte halten das für einen katatonen (Anspannung des ganzen Körpers) Zustand, der auf eine geistige Störung schließen lasse. Als sein Vater in den 1930er Jahren stirbt, muss er den Betrieb mit seiner Mutter allein bewirtschaften.
14. Juli 1933 Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ wird erlassen. Es regelt die Unfruchtbarmachung wegen neun Krankheiten, u.a. wegen Schizophrenie (Psychose u.a. mit Wahnvorstellungen).
Herbst 1937 Anton Sch. fällt von einer Leiter, prallt aus sechs Metern Höhe mit dem Gesäß und dem Geschlechtsteil auf den harten Boden auf und erleidet einen Beckenbruch. Auf den behandelnden Arzt macht er einen „ausgesprochen komischen Eindruck“ und fällt wegen seines „eigenartigen Benehmens“ auf. Anzeichen für eine Schizophrenie hat der Arzt nicht.
Frühjahr 1938 Sch. bezichtigt sich homosexueller Handlungen, die er 1935/36 begangen haben will. Er fühlt sich verfolgt, „ist in seinem Wesen äußerst uneinheitlich, umständlich und übergewissenhaft“.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz leitet daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein.
28. Juli 1938 Daraufhin wird Anton Sch. vom Gericht vorläufig in der Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Andernach untergebracht. Der Direktor der Anstalt erstattet ein psychiatrisches Gutachten mit dem Ergebnis, dass Anton Sch. an Schizophrenie leidet. Er meint aber, es bestehe Aussicht auf Besserung und Entlassung.
31. August 1938 Der Direktor der Anstalt stellt beim Erbgesundheitsgericht Koblenz den Antrag auf Unfruchtbarmachung von Anton Sch. wegen Schizophrenie.
3. Oktober 1938 Das Erbgesundheitsgericht Koblenz beschließt die Unfruchtbarmachung. Im Beschluss heißt es, er sei seit 1928 geistig erkrankt. Die ihn in den 1930er Jahren behandelnden Ärzte hätten ihn als „sonderbaren Menschen“ eingeschätzt, der Direktor der Anstalt in Andernach habe vor kurzem Verfolgungswahn und Schizophrenie festgestellt. Auch habe er in der Sitzung des Gerichts Verfolgungswahn gezeigt. Damit sei das Vorliegen einer Schizophrenie seit vielen Jahren bewiesen. Der Sturz von der Leiter im Herbst 1937 sei dafür bedeutungslos.
5. Oktober 1938 Nach der Verhandlung vor dem Erbgesundheitsgericht Koblenz wird er aus der Anstalt Andernach entlassen.
31. Oktober 1938 Anton Sch. legt gegen den Beschluss Beschwerde ein. Gleichzeitig begibt er sich freiwillig in eine zweimonatige Kur in die Anstalt Andernach.
15. Januar 1939 Danach bessert sich sein Zustand. Gleichwohl wird er in der Anstalt festgehalten, weil er „fortpflanzungsfähig (ist) und (er) einem Laien nicht ohne Weiteres als geisteskrank auf(fällt)“.
17. Februar 1939 Das Erbgesundheitsobergericht in Köln weist Anton Schs. Beschwerde zurück. Es schließt sich im Ergebnis und in der Begründung dem Erbgesundheitsgericht Koblenz an, und das, obwohl Anton Sch. selbst nach Auffassung des Erbgesundheitsobergerichts in seiner mündlichen Verhandlung „normal wirkte“.
16. März 1939 Anton Sch. wird im Elisabeth-Krankenhaus in Koblenz unfruchtbar gemacht und dabei die Samenleiter auf einer längeren Strecke entfernt. Noch am selben Tag wird er aus dem Krankenhaus entlassen.
3. April 1939 Nach seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus bleibt Anton Sch. noch kurz in der Anstalt Andernach und wird von dort als von der Schizophrenie gebessert entlassen.