Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de


Die jüdische Familie Borg stammt aus Vallendar am Rhein. 1868 wird dort Moritz Borg geboren. Um 1900 heiratet er seine Frau Marthe, geb. Kahn. Sie kommt 1876 im lothringischen Dieuze/Moselle zur Welt. Die Eheleute haben drei Kinder: Elisabeth (genannt Elly, *1904), Julius (Jules, *1905) und Georgette (*1909) Inzwischen lebt die Familie in Koblenz.

Vater Moritz betreibt ein Tuch- und Manufakturwarengeschäft in der Mainzer Straße 5. Die Mädchen besuchen die Hildaschule, Julius das Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium. Die Kinder werden schnell selbständig. Elly, die Älteste, heiratet 1923 den Neuwieder Kaufmann Berthold Langstadt; die beiden betreiben dort das Kaufhaus „Merkur“. Georgette ehelicht 1933 den Bonner Kaufmann Walter Herz. Julius ist Prokurist und Geschäftsführer der väterlichen Firma. Vater Moritz stirbt 1932.

 

1933 Nach dem Tod des Vaters und der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit dem anschließenden „Judenboykott“ ist die Situation für die Familie schwierig, die Geschäfte gehen zurück. Da Marthe Borg aus Lothringen stammt und dort noch Familie hat, verlassen die Borgs nach und nach Hitler-Deutschland.

Als erste emigrieren die jung verheirateten Eheleute Georgette und Walter Herz. Ihre erste Station ist Luxemburg, dann lassen sie sich in Dieulouard im Kreis Nancy nieder.

Ende 1935 Als nächste verlässt Marthe Borg Koblenz und zieht zu ihrer Tochter Georgette und deren Ehemann nach Dieulouard.

1. September 1936 Auch Julius wandert über Luxemburg nach Frankreich aus.

9./10. November 1938 Die noch in Neuwied lebenden Eheleute Elly und Berthold Langstadt und ihr 1925 geborener Sohn Ernst Günther sind vom Novemberpogrom betroffen, Bertholt Langstadt wird verhaftet und am 15. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau bei München verschleppt. Wenig später kommt er frei. Umgehend zieht die Familie zu ihren Angehörigen nach Dieulouard.

1. September 1939 Mit dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen beginnt der Zweite Weltkrieg.

3. September 1939 Frankreich erklärt Deutschland den Krieg.

Julius Borg und Walter Herz werden Soldaten in der französischen Armee.

10. Mai 1940 Die deutsche Wehrmacht überfällt Luxemburg, die Niederlande und Belgien und marschiert in Nordfrankreich ein („Westfeldzug“).

Nach dem deutsch-französischen Waffenstillstand wird Frankreich in mehrere Teile aufgeteilt. U.a. entstehen die besetzte „Nordzone“ und die „freie“ Südzone.

1942 Marthe Borg lebt inzwischen mit ihrer Tochter Elly Langstadt, deren Ehemann Berthold
und deren Sohn Ernst Günther in Chasseneuil du Poitou/Vienne in der von Deutschen besetzten Nordzone. Als erste wird Georgette Herz verschleppt und kommt im August in das südfranzösische Internierungslager Rivesaltes. Ihr Bruder Jules erreicht als französischer Soldat aber bald ihre Freilassung. Dann lebt sie unter falschem Namen in Südfrankreich. Die Langstadts (Vater Bertholt, Mutter Elly und Sohn Ernst Günther) werden ebenfalls festgenommen und in das südfranzösische Internierungslager Gurs transportiert. Von dort bringt man sie weiter in das Durchgangslager Drancy bei Paris.

6. November 1942 Elly, Bertholt und Ernst Günther Langstadt werden mit dem Transport Nr. 42 zusammen mit 997 Personen von Drancy in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei der Ankunft werden 773 mit Giftgas ermordet. Von den 1.000 Deportierten leben 1945 noch 4 Personen. Die Familie Langstadt ist nicht unter ihnen.

29. Januar 1944 Die in Chasseneuil du Poitou/Vienne wohnen gebliebene Marthe Borg, die wohl wegen ihrer französischen Staatsangehörigkeit bisher verschont geblieben ist, wird abgeholt und zur Bürgermeisterei gebracht. Von dort überführt man sie in das Lager Poitiers. Im Viehwagen bringt man sie in das Sammellager Drancy.

10. Februar 1944 Von Drancy wird die 67-jährige Marthe Borg mit dem Transport Nr. 68 zusammen mit 1499 Menschen in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei der Ankunft werden 1.229 Menschen mit Giftgas ermordet. 1945 überleben von den 1.500 Verschleppten 27 Männer und 32 Frauen. Marthe Borg ist nicht unter ihnen.