Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

                                           

Der 1903 geborene Ernst Julius Diewald stammt aus Münstermaifeld in der Osteifel. In Koblenz heiratet er 1926 seine ein Jahr ältere Frau Erna, geb. Ermann. Beide ziehen nach in Ernas Geburtsort nach Wittlich. Dort betreibt Ernst mit seinem Schwiegervater Heinrich Ermann einen Viehhandel. 1928 kommt ihr Sohn Heinz zur Welt.

 

1933 Nach der Machtübernahme der Nazis und dem seit dem 1. April 1933 beginnenden „Judenboykott“ geht das Geschäft der Familien Ermann und Diewald schlechter.

10. November 1938 Bei dem Novemberpogrom („Reichspogromnacht“) in Wittlich wird die gesamte Wohnungs-einrichtung ihres Hauses in Wittlich zerstört. Den Viehhandel müssen sie danach endgültig aufgeben.

Für die Familie ist die „Reichspogromnacht“ das Signal zur Flucht.

 1939 Als erster verlässt Ehemann Ernst Wittlich. Er nutzt ein dreiwöchiges Visum, das er zum Besuch seines schwerkranken Vaters erhält, zur Emigration nach Belgien.

Seine Ehefrau Erna bleibt zurück in Wittlich und kümmert sich um ihren 65-jährigen Vater Heinrich sowie ihren Onkel, den 63-jährigen schwer kriegsbeschädigten Siegmund Ermann, und ihren elfjährigen Sohn Heinz.

September 1939 Während Hitler-Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg entfesselt, zieht die in Wittlich verbliebene Familie nach Düsseldorf. In der Anonymität der Großstadt hoffen sie, ruhiger leben zu können. Auch ist dort die Versorgung der beiden alten Männer durch die dortige jüdische Gemeinde eher gewährleistet.

Mitte Oktober 1939 Erna Diewald verlässt mit ihrem Sohn Heinz Düsseldorf und überquert die „grüne Grenze“ nach Belgien. In St. Gilles, einem Vorort Brüssels, finden sie ihren Ehemann und Vater Ernst, der dort sich und dann auch seine Familie mit Gelegenheitsarbeiten mühsam ernährt.

10. Mai 1940 Hitler-Deutschland überfällt mit dem „Westfeldzug“ Luxemburg, die Niederlande und Belgien. Belgische Behörden schieben daraufhin tausende deutscher Flüchtlinge über die Grenze nach Südfrankreich ab. Ernst Diewald ist einer von ihnen, Wie viele andere auch bringt ihn die französische Polizei in das südfranzösische Internierungslager St. Cyprien.

Juli 1941 Erna Diewald gelingt mit ihrem Sohn Heinz die Flucht aus dem von Deutschland besetzten Belgien über das von Deutschland ebenfalls besetzte Nordfrankreich bis zur Grenze zur „freien“ Zone im Süden Frankreichs. Sie werden dort von der französischen Gendarmerie festgenommen und in den besetzten Teil Frankreichs zurückgeschafft. Nach einigen Wochen glückt ihnen aber der Übertritt über die innerfranzösische Demarkationslinie nach Südfrankreich.

11. Dezember 1941 Die beiden alten Ermanns, Ernas Vater Heinrich und ihr Onkel Siegmund, werden von Düsseldorf aus zusammen mit 1005 anderen jüdischen Menschen nach Riga deportiert und kommen dort in einem nahe gelegenen Lager bald darauf um.

August 1942 Mutter und Sohn Diewald werden in der „freien“ Zone ebenfalls interniert und kommen in das Lager Les Milles bei Aix-de-Provence. Dort ist inzwischen auch ihr Mann und Vater Ernst, der von St. Cyprien dorthin verschleppt wurde. Das Wiedersehen der Familie ist nur kurz.

11. August 1942 Ernst Diewald wird mit einem Sammeltransport von Les Milles in das Durchgangslager Drancy bei Paris gebracht.

13. August 1942 Auch Erna Diewald kommt „auf Transport“ nach Drancy.

14. August 1942 Ernst und Erna Diewald werden mit 989 anderen jüdischen Menschen mit dem Transport Nr. 19 in das  Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Erna wird bereits bei der Ankunft mit Giftgas ermordet. Ernst selektiert man offenbar zur Arbeit.

Mitte Oktober 1942 Er kommt dann ebenfalls in Auschwitz um.

Sohn Heinz überlebt als einziger der Familie. Ihn bringt man als Waise jüdischer deportierter Eltern in ein jüdisches Kinderheim bei Limoges und dann zu einem Bauern bei Carpentras. Schließlich sorgt eine jüdische Hilfsorganisation für seine Flucht und Unterbringung in der Schweiz.

 

Erna Diewald

Jüdische Schulklasse 1935 mit Heinz Diewald

 

 

 

Quellenangabe und weiterführender Hinweis:

Dieses Kurzporträt beruht auf der von Franz-Josef Schmit recherchierten und aufgeschriebenen Lebensgeschichte der Familie Diewald:

Franz-Josef Schmit: Von den Schrecken einer Flucht – Heinz Diewald erlebt als Zehnjähriger in Wittlich den Novemberpogrom und muss seine Heimatstadt verlassen, in: Franz-Josef Schmit: Spätes Erinnern. Ein Lesebuch zu Verfolgten und Opfern der NS-Diktatur aus Wittlich und Umgebung, 2016, S. 38-42.