Lesen Sie folgende Dokumente:
Lesen Sie HIER die Karteikarten der Gestapo Koblenz von Iren ("Irma") Schönewald und ihrer Mutter Bertha Schönewald
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des Fördervereins Mahnmal Koblenz
Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933
Die drei "Nürnberger Gesetze" vom 15. September 1935 - Nach dem "Reichsbürgergesetz" sind die Deutschen jüdischer Herkunft nur noch Bürger zweiter Klasse
Koblenzer Nationalblatt vom 14. November 1938 nach der "Reichspogromnacht"
Das Hetzblatt "Der Stürmer" nach den Novemberpogromen 1938
Runderlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 15. November 1938
-betreffend den Schulunterricht an Juden.
Nach der ruchlosen Mordtat von Paris kann es keinem deutschen Lehrer und keiner deutschen Lehrerin mehr zugemutet werden, an jüdische Schulkinder Unterricht zu erteilen. Auch versteht es sich von selbst, dass es für deutsche Schüler und Schülerinnen unerträglich ist, mit Juden in einem Klassenraum zu sitzen. Die Rassentrennung im Schulwesen ist zwar in den letzten Jahren im Allgemeinen bereits durchgeführt, doch ist ein Restbestand jüdischer Schüler auf deutschen Schulen übrig geblieben, dem der gemeinsame Schulbesuch mit deutschen Jungen und Mädels nunmehr nicht weiter gestattet werden kann.
Vorbehaltlich weiterer gesetzlicher Regelungen ordne ich daher mit sofortiger Wirkung an:
1. Juden ist der besuch deutscher Schulen nicht gestattet. Sie dürfen nur jüdische Schulen besuchen. Soweit es noch nicht geschehen sein sollte, sind alle zurzeit eine deutsche Schule besuchenden jüdischen Schüler und Schülerinnen sofort zu entlassen.
2. Wer jüdisch ist, bestimmt § 5 der Ersten Verordnung vom 14. November 1935 zum Reichsbürgergesetz (RGB1. I S. 1333).
3. Diese Regelung erstreckt sich auf alle mir unterstellten Schulen einschließlich der Pflichtschulen.
(zit. nach: Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Amtsblatt des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltungen der anderen Länder 1938, S. 520 f.)
Irene Futter, geb. Schönewald, berichtet in einem Brief von April 1988 über den Novemberpogrom
(,,Reichspogromnacht“) in der Familienwohnung in Koblenz.
Meine Mutter und ich lebten in einer sehr kleinen Wohnung im Erdgeschoß in der Bahnhofstraße 27. Meine Familie hatte in diesem Bezirk seit vielen Generationen gelebt. Als mein Vater 1927, bevor ich ein Jahr alt war, starb, zog meine Mutter alleine drei Kinder groß. Es gab in jenen Tagen kein Geld für Luxus, alles war sehr bescheiden.
In den späten 30er Jahren kam meine ältere Schwester uns mit ihrer damals etwa zweijährigen Tochter von Zeit zu Zeit besuchen. Sie war auch an dem verhängnisvollen 10. November 1938 bei uns.
Es war ganz früh am Morgen, als ich mehrere uniformierte Männer hörte, die unsere kleine Wohnung stürmten. Meine Mutter drängte mich hinaus auf die Straße. Ich konnte als Kind nicht wissen, welch ein entsetzlicher Anblick uns erwartete, als wir zurückkamen.
Die Männer hatten alles, was wir besaßen, zerstört: Tassen und Teller waren zerbrochen; unsere Bettwäsche und Kleider waren zerfetzt; ein kleines, von mir geliebtes Puppenhaus: in Stücke geschlagen; die wenigen Habseligkeiten, die wir hatten, und alle Gegenstände des täglichen Bedarfs waren unbrauchbar geworden.
Ich kann mich nicht daran erinnern, ob meine Mutter weinte oder ob ich es tat. Ich glaube, dass wir viel zu viel Angst vor dem hatten, was noch auf uns zukam. Es wurde uns gesagt, dass wir alle in wenigen Stunden in ein Konzentrationslager weggebracht würden. Ich wusste nicht, was das war. Meine Mutter hatte mich immer so weit wie möglich von allem abgeschirmt. Auch wurde aus Furcht vor einem Zuhörer darüber geschwiegen.
Meine lebhafteste Erinnerung an jenen Tag ist, dass ich im Flur unserer kleinen Wohnung stand. - Meine Mutter hatte einige Dinge. Ich hätte nicht gewusst, was wir mitnehmen sollten. So warteten wir. — Es müssen Stunden gewesen sein. - Wir waren zu verängstigt, um miteinander zu sprechen.
Ich erinnere mich daran, dass das Baby meiner Schwester nach Milch schrie. Aber woher sollten wir sie nehmen? Wir hatten sie nicht. Ich werde immer an die völlige Verwüstung denken und an die schreckliche Angst, dass es noch schlimmer werden könnte.
Draußen auf der Bahnhofstraße warteten uniformierte Männer mit Schäferhunden. Von diesem Tag an habe ich Angst vor Hunden!
Wir wurden jedoch nicht weggebracht; zumindest ich nicht. Meine liebe Mutter brachten sie aber zu einem späteren Zeitpunkt in ein Konzentrationslager, wo sie ermordet wurde.
(aus: Elmar Ries. Wozu Menschen fähig sind - Die Reichspogromnacht 1938 in Koblenz, Koblenz 1988, S. 67 - 68)