Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

 
 

Am 16. Mai 1887 kommt Hans Davidsohn, der sich später Jakob van Hoddis nennt, als erstes Kind des jüdischen Arztes und Sanitätsrats Hermann Davidsohn (gestorben 1911) und seiner Frau Doris (geb. Kempner) in Berlin zur Welt. Ein Zwillingsbruder wird tot geboren. Als 15Jähriger schenkt er seiner Mutter ein Heft mit Gedichten. 1906 macht er Abitur. Er studiert Architektur, später klassische Philologie, wird aber „wegen Unfleißes gelöscht“. Jakob van Hoddis beginnt zu veröffentlichen, sein Gedicht „Weltende“ erscheint 1911. Er wird Mitbegründer des literarischen Expressionismus. Sein eigenes Lebensschicksal fasst er in eine einzige visionäre Zeile: All meine Pfade rangen mit der Nacht.

Ab 1912 hat van Hoddis schwere seelische Krisen und wird zwangsweise in einer Heilanstalt interniert. Wochen später gelingt ihm die Flucht, Aufenthalte in Paris und München folgen. Er schreibt einem Freund, sein Judentum breche wieder durch. Van Hoddis kehrt nach Berlin zurück und verbittet sich weitere „medicinische Belästigungen“. 1914 fällt er in „geistige Umnachtung“, kommt in eine Privatklinik und dann in Privatpflege bei der Familie eines Volksschulrektors. Am 1. August 1915 schreibt er dessen Tochter das letzte überlieferte Gedicht in ihr Poesiealbum. Weitere Gedichte werden veröffentlicht, u.a. die Gedichtsammlung „Weltende“. 1922 bringt ihn seine Familie in eine andere Privatpflege. 1926 wird Jakob van Hoddis auf Antrag seiner Mutter entmündigt und in eine Nervenklinik eingewiesen.

1. April 1933 Hans Davidsohns Schwestern Marie und Anna fliehen wegen des Boykotts jüdischer Geschäfte und Freiberufler mit ihren Familien aus Deutschland nach Palästina.

Anfang August 1933
Seine Mutter besucht ihn letztmals in Göppingen. Sie kündigt ihm an, emigrieren zu wollen. Eine Einreise eines psychisch Kranken wie Hans Davidson ist nach Palästina nicht möglich.

29. September 1933 Hans Davidsohn wird in die „Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke“ in Bendorf-Sayn bei Koblenz verlegt.
Zur gleichen Zeit flieht
auch seine Mutter aus Deutschland nach Palästina.

2. Januar 1934
Seine Mutter stirbt in Tel Aviv/Palästina.

1937 Auch Hans Davidsons Schwester Marie Mayer stirbt in Haifa/Palästina.

1939 Hans Davidsohns Vormund, sein Onkel Hermann Kempner, flieht nach London. Neuer Vormund wird Siegfried Gutmann.

1. Dezember 1941 Sein neuer Vormund Gutmann wird nach Riga deportiert und dort ermordet.

30. April 1942 Hans Davidsohn wird zusammen mit 104 Juden – davon 98 zuletzt in Bendorf-Sayn gemeldeten - über den Güterbahnhof Koblenz-Lützel in das Durchgangsghetto Krasniczyn im
Distrikt Lublin im „Generalgouvernement“ deportiert. Zwischen Anfang Mai und dem 6. Juni 1942 wird er, wie auch die anderen Verschleppten, wahrscheinlich im Vernichtungslager Sobibor vergast.