Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

Die Ausgabe vom 5. Januar 1999 brachte das Lebensbild der Eheleute André und Anneliese Hoevel, kommunistische Widerstandskämpfer:


Andre Hoevel: „Nackt unter Wölfen“

Die politischen Gegner der Nationalsozialisten aus der "Kampfzeit", die Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurden von Beginn der Naziherrschaft an hart und brutal verfolgt. Am schlimmsten traf es die Kommunisten.

Das Ehepaar Andreas (Andre) und Anneliese Hoevel gehört zu den ganz wenigen Widerstandskämpfern, die während der NS-Zeit in Koblenz gelebt haben. Als beide im Sommer 1939 nach Koblenz umzogen, hatten sie schon jahrelange Verfolgungen in Zuchthäusern und Konzentrationslagern erlitten.

Der im Jahr 1900 in Pallien (heute: Trier-Pallien) geborene Andre und die 1898 in Köln-Nippes geborene Anneliese Hoevel lernten sich Ende der 20er Jahre in Berlin kennen. Nachdem Andre in der Buchhaltung bei Opel in Rüsselsheim eine neue Anstellung gefunden hatte, zogen beide nach Wiesbaden. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise schärften beide ihr politisches Bewußtsein. Bald war Andre Mitglied und örtlicher Funktionär der KPD, auch Anneliese trat der KPD bei. Zeitgleich mit der "Machtergreifung" der Nazis wurde Andre aus politischen Gründen von Opel entlassen. Von da ab kämpften beide fast neun Jahre lang gegen den Nationalsozialismus und wurden in all diesen Jahren aufs schlimmste verfolgt.

Andre floh zunächst in das von den Franzosen besetzte Saargebiet. Noch während seines Aufenthalts dort wurde Anneliese im September 1933 wegen illegaler Tätigkeit für die inzwischen verbotene KPD verhaftet und bis Februar 1934 in "Schutzhaft" im Frauen-KZ Moringen gehalten. Wenig später verhaftete man Andre bei dessen Rückkehr nach Wiesbaden und das Oberlandesgericht Kassel verurteilte ihn als "politischer Instrukteur" für die KPD wegen Hochverrats zu einer Freiheitsstrafe. Während er die Strafe in Hameln verbüßte, wurde Anneliese erneut verhaftet und wegen illegaler Tätigkeit für die KPD zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Kurz nach seiner Haftentlassung Mitte 1935 wurde Andre erneut in Haft genommen. Diesmal wurde er einfach ohne Urteil in mehreren KZs (Esterwegen, Sachsenhausen und Buchenwald) in "Schutzhaft" genommen. Unterdessen hatte Anneliese ihre Strafe verbüßt, sie wurde aber auch nicht freigelassen, sondern erneut ins KZ Moringen und später ins KZ Lichtenburg verschleppt.

Zu Weihnachten 1938 entließ man Andre aus dem KZ Buchenwald und zu "Führers Geburtstag" 1939 Anneliese aus dem KZ Lichtenburg. Kaum lebten beide nach vielen Jahren der Trennung und Verfolgung in Berlin zusammen, zogen beide im Sommer 1939 nacheinander nach Koblenz. Ursache war der plötzliche Tod Andres Schwager, Peter Heep, der in Koblenz-Metternich einen Obst- und Gemüsehandel hinterließ. Andre übernahm das Geschäft, bekam es in den Griff und Anneliese folgte ihm.

Von Koblenz aus knüpften beide wieder Kontakte zu alten Freunden und zu KameradInnen, die sie in den KZs kennengelernt hatten. Die Wohnung wurde ein Treff Gleichgesinnter, die Kontakte reichten in den Rheingau, nach Düsseldorf, Duisburg und Berlin. Neben der Erhaltung der eigenen Identität und Überzeugung war man auch nach außen aktiv und trieb vor allem Antikriegspropaganda in die Wehrmacht hinein.

Ende 1941 wurden beide von der Gestapo in ihrer Wohnung in Metternich verhaftet. Das OLG Kassel verurteilte sie wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Verbrechens und wegen Hörens ausländischer Sender zum Tode. Am 28. August 1942 wurden Andre und Anneliese Hoevel innerhalb von fünf Minuten im Gefängnis Frankfurt/M-Preungesheim durch das Fallbeil hingerichtet.

Beide sind unvergessen. In Koblenz ist die Hoevelstraße nach ihnen benannt; in Trier-Pallien gibt es die Andreas-Hoevel-Straße. Vor allem hat Bruno Apitz in seinem bekannten (und auch verfilmten) autobiographischen Roman "Nackt unter Wölfen" Andre Hoevel als Kapo im KZ Buchenwald ein literarisches Denkmal gesetzt.

Joachim Hennig in Rhein-Zeitung vom 05. Januar 1998