Der internationale Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2015.
Auch in diesem Jahr gedachte der Landtag von Rheinland-Pfalz der Opfer des Nationalsozialismus. Dabei erinnerten der Landtag und die Landeshauptstadt Mainz mit ihren Veranstaltungen besonders an das Schicksal der verfolgten Frauen, vor allem der jüdischen Frauen. Dazu gab der Landtag wieder eine eigene Veröffentlichung heraus. Diese konnte auf Papier beim Landtag bezogen werden. Ihre digitale Form ist aber auch hier zu sehen und kann hier abgerufen werden. Die Veranstaltungen unseres Fördervereins zum 27. Januar 2015 finden Sie auf den Seiten 31 und 32 der Broschüre.
Die Broschüre kann HIER heruntergeladen werden
Der Gedenktag für die NS-Opfer in Koblenz
In diesem Jahr schloss sich unser Förderverein thematisch nicht unmittelbar an die Veranstaltungen im Land tag und in Mainz an. Im Vordergrund der diesjährigen Veranstaltungen zum Gedenktag am 27. Januar standen hier in Koblenz vielmehr die Opfer des Nationalsozialismus aus Koblenz und Umgebung, die Verfolgung in den Konzentrationslagern von Auschwitz oder anderer Vernichtungslager „im Osten“ erlitten haben. Anlass hierfür ist die 70. Wiederkehr der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945.
Zu den Veranstaltungen gab unser Förderverein eine Presseerklärung heraus.
Lesen Sie HIER Auszüge daraus:
Am 27. Januar 2015 jährt sich zum 70. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Dieser Tag wurde im Jahr 1996 – 50 Jahre danach - auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Zehn Jahre später hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen diesen Tag zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust proklamiert.
Seitdem ist der 27. Januar eines jeden Jahres zwar kein offizieller „Feiertag“, aber ein Gedenktag, an dem die öffentlichen Gebäude beflaggt sein und an dem Gedenkveranstaltungen stattfinden sollen. Vorbildlich sind die Parlamente. Der Deutsche Bundestag gedenkt jedes Jahr in einer Sondersitzung dieses Ereignisses. Und auch der Landtag von Rheinland-Pfalz kommt allein aus diesem Anlass zu einer Sondersitzung zusammen. In deren Mittelpunkt stand und steht auch 2015 ein ehemaliges Opfer des Nationalsozialismus als Zeitzeuge.
Auschwitz ist das Synonym für den Massenmord der Nazis an den europäischen Juden. Dieser Name und Begriff ist Ausdruck des Rassenwahns und das Kainsmal der deutschen Geschichte. An diesem Tag wird in besonderer Weise der Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns und Völkermordes und der Millionen Menschen, die durch das nationalsozialistische Regime entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden, gedacht. Das geschieht, weil die Erinnerung nicht enden darf, sie auch künftige Generationen zur Wachsamkeit und Toleranz mahnen soll.
Den Opfern dieser Menschheitsverbrechen wird auch in Koblenz gedacht. Federführend ist der Förderverein Mahnmal Koblenz, zusammen mit der Christlich-Jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit und der Stadt Koblenz.
Die Veranstaltungen 2015 erinnern aus Anlass der 70. Wiederkehr der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz an Opfer aus Koblenz und Umgebung, die Verfolgung in den Konzentrationslagern von Auschwitz oder in anderen Konzentrations- und Vernichtungslagern „im Osten“ erlitten haben.
Diesen Opfern ist die vom Förderverein Mahnmal Koblenz selbst erarbeitete Ausstellung „’Es war eine Fahrt durch die Hölle’ Vor 70 Jahren: Befreiung des KZ Auschwitz“ gewidmet. Das Motto der Ausstellung ist den Erinnerungen der Koblenzer Jüdin Eva Salier entnommen. Sie überlebte die „Hölle von Auschwitz“, während ihre Mutter und Großmutter umgebracht wurden. Auf 20 Personentafeln gibt der Verein den Opfern ihren Namen zurück und stellt ihr Schicksal dar. Porträtiert werden jüdische Opfer, Sinti, Zeugen Jehovas, Zwangsarbeiter und eine evangelische Pfarrerstochter. Die Ausstellung wird am Montag, dem 26. Januar 2015, um 18.30 Uhr in der Citykirche am Jesuitenplatz in der Altstadt eröffnet. Sie ist dort dann bis Mittwoch, dem 11. Februar 2015, von 7.30 Uhr bis 19.00 Uhr (außerhalb der Gottesdienste) zu sehen.
Lesen Sie auch die Vorberichte in:
Rhein Zeitung vom 21. Januar 2015
Koblenzer Lokalanzeiger vom 21. Januar 2015
"Blick aktuell", Ausgabe Koblenz, Nr. 4/2015 vom 24. Januar 2015
Die Ausstellung unseres Fördervereins.
Die zur Erinnerung an die Befreiung des KZ Auschwitzz vor 70 Jahren präsentierte Ausstellung unseres Fördervereins hatte ihr Motto den Erinnerungen der Koblenzer Jüdin Eva Salier, geb. Hellendag entnommen: „‘Es war eine Fahrt durch die Hölle’ Vor 70 Jahren: Befreiung des KZ Auschwitz“.
Eva Salier/Hellendag überlebte die „Hölle von Auschwitz“, während ihre Mutter und Großmutter umgebracht wurden. Dieses Schicksal und das weiterer NS-Opfer des Nationalsozialismus präsentierte unser Förderverein in einer eigenen Ausstellung. Auf 20 Personentafeln gab er den Opfern ihren Namen zurück und stellte ihr Schicksal und das ihrer Angehörigen dar. Porträtiert wurden jüdische Opfer, Sinti, Zeugen Jehovas, Zwangsarbeiter und eine evangelische Pfarrerstochter.
Zur Ausstellungseröffnung am 26. Januar 2015 gab unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig eine Einführung, die Sie hier lesen können:
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
auch ich begrüße Sie sehr herzlich hier in der Citykirche und möchte Sie einführen in die Ausstellung des Fördervereins Mahnmal Koblenz: „’Es war eine Fahrt durch die Hölle.’ – Vor 70 Jahren: Befreiung des KZ Auschwitz“.
Morgen, am 27. Januar, wird sich der Tag, an dem das Konzentrationslager Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde, zum 70. Mal jähren. Dieses Datum und dieses Konzentrationslager sind für unsere Geschichte und für die der ganzen Menschheit so wichtig, dass der damalige Bundespräsident Roman Herzog vor 20 Jahren den 27. Januar zum nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus proklamiert hat. Zehn Jahre später hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen diesen Tag zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust proklamiert. Seitdem ist der 27. Januar eines jeden Jahres zwar kein offizieller „Feiertag“, aber ein Gedenktag, an dem die öffentlichen Gebäude beflaggt sein und an dem Gedenkveranstaltungen stattfinden sollen. Hier in Koblenz begehen wir diesen Gedenktag seit 1998 mit einer Gedenkstunde mit christlich-jüdischem Gebet und seit 2002 zusätzlich mit einer Statio an dem im Jahr 2001 eingeweihten Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz. Ergänzt werden diese Veranstaltungen seit 15 Jahren durch eine Ausstellung - in den letzten 13 Jahren bereichert durch einen regionalen Teil mit Biografien von NS-Opfern aus Koblenz und Umgebung. Seit 2005 zeigen wir zu manchen Gedenktagen auch allein Teile unserer inzwischen 110 Personentafeln umfassenden Dauerausstellung.
Auschwitz ist der größte Friedhof in der Geschichte der Menschheit. Seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 1,1 Millionen Menschen, vor allem Juden aus ganz Europa, in Auschwitz umgebracht wurden. Und dabei gab es drei „Auschwitz“: Das so genannte Stammlager Auschwitz (das Konzentrationslager „Auschwitz I“), das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau („Auschwitz II“) und das Konzentrationslager Monowitz, die Buna-Werke in Auschwitz („Auschwitz III“). Alle drei Lager gehörten zu einem Gesamtkomplex der SS. Sie lagen in dem – offiziell so genannten - „SS-Interessengebiet Auschwitz“ – etwa 50 Kilometer westlich der polnischen Stadt Krakau. Der Auschwitzkomplex war das größte der etwa 2.000 Konzentrations- und Arbeitslager und auch das größte Vernichtungslager.
Seine NS-Geschichte begann im Frühjahr 1940 mit dem Befehl Heinrich Himmlers, dem Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei, zur Errichtung eines großen neuen Lagers in einem ehemaligen Kasernengelände nahe der Stadt Auschwitz. Wir verbinden heute mit diesem Komplex das Bild von dessen Eingangstor mit dem darüber angebrachten Schriftzug: „Arbeit macht frei.“ Ein Jahr später befahl Himmler den Bau einer zweiten, größeren Sektion, drei Kilometer vom ursprünglichen Lager entfernt. Auf dem Gelände eines zuvor dem Boden gleich gemachten polnischen Dorfes entstand eine Todes- und Vernichtungsmaschinerie. Mit ihr verbinden wir heute das Bild vom Torgebäude mit dem da durchführenden Eisenbahngleis und der Todesrampe von Auschwitz-Birkenau. Von dem dritten Lager, „Auschwitz III“, haben wir kein Bild präsent. Es wurde – wie Auschwitz-Birkenau – 1942 „in Betrieb genommen“ und war ein Lager für zur Arbeit selektierte Häftlinge. Sie mussten in den Bunawerken der I.G. Farben im nahe gelegenen Monowitz Zwangsarbeit leisten.
Das Stammlager „Auschwitz I“ und das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau („Auschwitz II“) hatten während der Zeit ihres Bestehens verschiedene Funktionen. Sie waren auch „Aufenthaltslager“. In ihnen wurden Gefangene festgehalten, schikaniert und ermordet wie in anderen Konzentrationslagern auch. Das gilt etwa für das sog. Männerlager, das Frauenlager, das „Theresienstädter Familienlager“ und auch für das „Zigeunerlager“. In ihnen gab es immer wieder Selektionen mit sich anschließender Tötung bzw. Überführung in ein anderes Lager, meist zur Zwangsarbeit.
Auschwitz-Birkenau ist vor allem bekannt als größte Mordstätte für die Juden Europas. Zwischen dem Frühjahr 1942 und der Räumung des Lagers im Januar 1945 wurden – so schätzt man heute – 80 bis 90 Prozent der dort eintreffenden Deportierten sofort ermordet – vor allem nahezu alle alten Menschen und kleineren Kindern – sofern sie überhaupt die Strapazen der tagelangen Verschleppungen in Viehwaggons überlebten. Die anderen Häftlinge, die bei ihrer Ankunft auf der Rampe zum Arbeitseinsatz „selektiert“ wurden, hatten unter den Lebens- und Arbeitsbedingungen in Auschwitz eine Lebenserwartung von wenigen Monaten. Nur wenn sie zum Arbeitseinsatz in ein anderes Lager, wie „Auschwitz III“ – Monowitz - oder in ein anderes der fast 50 Nebenlager geschickt wurden, oder eine Funktion zugewiesen bekamen, hatten sie bessere Überlebenschancen.
Die Befreiung des KZ Auschwitz, an die wir hier erinnern, war dabei vergleichsweise unspektakulär. Am Nachmittag des 27. Januar 1945 betraten Soldaten der Roten Armee Auschwitz. Die Lager waren von den Wachmannschaften verlassen. In Birkenau fand die Rote Armee die Leichen von 600 Gefangenen, die nur Stunden vor der Befreiung des Lagers getötet worden waren. 7.650 kranke und erschöpfte Gefangene wurden fürs erste gerettet: 1.200 im Stammlager Auschwitz, 5.800 in Auschwitz-Birkenau und 650 in Auschwitz III, in Monowitz. In den Lagerhäusern fanden die Befreier 350.000 Männeranzüge, 837.000 Frauenkleider und große Mengen an Kinder- und Babykleidung. Zusätzlich fanden sie Zehntausende Paar Schuhe und 7,7 Tonnen menschliches Haar in Papiertüten, fertig für den Transport verpackt.
Über diese historischen Ereignisse hinaus, die sich jetzt zum 70. Mal jähren, ist „Auschwitz“ aber noch etwas anderes: Auschwitz ist im nationalen und auch internationalen Sprachgebrauch inzwischen das Synonym für Unmenschlichkeit, Völkermord, Rassenwahn und Intoleranz.
Das Motto der hier präsentierten vom Förderverein Mahnmal Koblenz erarbeiteten Ausstellung lautet „Es war eine Fahrt durch die Hölle“ und stammt von einer jungen Frau aus Koblenz – von Eva Salier, geboren 1923 in Koblenz-Horchheim. Sie war Schülerin der Hilda-Schule und musste 1936 das Gymnasium verlassen, weil die Schule – wie es hieß – „judenrein“ sein wollte. Um weiter zur Schule gehen zu können, schickte ihre Mutter sie – ihr Vater war inzwischen gestorben – nach Holland. Der verstorbene Vater war Holländer und so kam Eva zu den Verwandten ihres Vaters. Damals war sie 13 – 14 Jahre. Zwei Jahre später kam auch ihre Mutter nach Holland. Eva hat dann ein ähnliches Schicksal erlebt Anne Frank. Anne Frank ist ja Anfang der 30er Jahre zusammen mit ihren Eltern von Frankfurt/Main aus nach Amsterdam ausgewandert.
Eine Zeitlang ging das – bei allen Schwierigkeiten – noch ganz gut in Holland. Dann hat Hitler-Deutschland am 10. Mai 1940 die westlichen Nachbarstaaten Deutschlands überfallen: Luxemburg, Belgien und Holland und dann auch Frankreich. Sie erinnern sich bestimmt, dass sich nach der Invasion der Deutschen Anne Frank und ihre Familie in Amsterdam verstecken mussten, um als Juden nicht verfolgt zu werden. Auch Eva musste sehr aufpassen, hatte zunächst wie Anne Frank aber noch Glück. Bei einer „Selektion“ für ein Arbeitslager wurde sie, weil sie sich von den anderen abseits gestellt hatte, einfach „vergessen“. Unter einer anderen Identität konnte sie untertauchen. Später wurde sie aber doch festgenommen und wie ihre Mutter und Großmutter in ein Arbeitslager in Holland gebracht. Dort verlor sie bei einer „Selektion“ ihre Mutter und ihre Großmutter. Eva kam alsbald in das Lager „Vught“, das sie „Vorhölle“ nannte. Von dort aus wurde sie in einem Viehwaggon nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Damals war Eva 21 Jahre alt. Sie überlebte die Hölle von Auschwitz und auch die anschließende so genannte Evakuierung. Eva Salier zog später in die USA, heiratete und hatte zwei Söhne. Bis ins hohe Alter war sie geistig und künstlerisch sehr aktiv. Wiederholt besuchte sie ihre „alte Heimat“ Koblenz und hatte bis zuletzt regen Kontakt zu den Menschen hier. Im letzten Jahr, mit 91 Jahren, ist Eva Salier gestorben.
Eva Salier war eine der letzten Zeitzeugen, die aus Koblenz stammten oder in Koblenz wohnten. Mit ihr und den anderen geht ein Stück Regionalgeschichte, ja deutsche Geschichte zu Ende. Aber die Erinnerung an diese Menschen und an die im Namen des deutschen Volkes begangenen Menschheitsverbrechen darf nicht zu Ende gehen. Das sind wir diesen NS-Opfern und unserer schrecklichen Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus schuldig. Deshalb hat der Förderverein Mahnmal Koblenz diese Ausstellung erarbeitet und den Opfern ihren Namen, ihr Gesicht und ihre Biografie zurückgegeben.
Nicht alle der hier Porträtierten jüdischen Opfer wurden dabei nach Auschwitz verschleppt. Die ersten und großen Deportationen von Koblenz aus gingen vielmehr nach Izbica bei Lublin, das liegt auch im heutigen Polen. Dort kamen sie in ein Judenghetto und wurden dann nach einigen Wochen – als Platz für ihre Ermordung war – umgebracht. Man trieb sie in Viehwaggons, fuhr sie bis vor die Vernichtungslager in der näheren Umgebung, nach Belzec, Chelmno oder Sobibor, und trieb sie dort aus den Waggons auf das Gelände der Vernichtungslager. Sie mussten ihre letzten Wertsachen abliefern, sich nackt ausziehen und dann wurden sie in die Gaskammern getrieben und mit Giftgas ermordet. Anschließend hat man sie verbrannt.
In dieser Ausstellung, die Sie hier sehen, zeigen wir insgesamt 20 Opfer des Nationalsozialismus aus Koblenz und Umgebung. Neben Eva Salier sind das noch 19 weitere Opfer. Und zwar:
Heinz Kahn (Jüdischer junger Mann aus Trier, lebte Jahrzehnte lang in Polch und war viele Jahre Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Koblenz)
Daweli Reinhardt (Sinto-Kind aus Koblenz)
Juristenfamilie Brasch (Jüdische Rechtsanwälte aus Mayen/Koblenz)
Auguste Schneider (Zeugin Jehovas aus Bad Kreuznach)
Hannelore Hermann (Jüdisches Mädchen aus Koblenz)
Jakob van Hoddis (Hans Davidsohn, jüdischer Dichter, war in der Israelitischen Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn)
Elisabeth Müller (Pfarrerstochter aus Winningen)
Familie Hugo Bernd (Jüdische Arztfamilie aus Koblenz)
Familie Hugo W. (Sinti-Familie vom Hunsrück)
Eheleute Isidor und Erna Treidel (Jüdischer Rechtsanwalt und seine Frau aus Koblenz)
Familie Karl Reinhardt (Sinti-Familie aus Koblenz)
Familie Isaak Hein (Jüdische Familie aus Cochem)
Lydia Gritzenko (Zwangsarbeiterin, lebte in Koblenz)
Addie Bernd (Jüdischer junger Mann aus Koblenz)
Familie Arthur Salomon (Jüdischer Rechtsanwalt und seine Familie aus Koblenz)
Luise Thomas und ihre Töchter Anna und Ruth (Zeuginnen Jehovas aus Kirn/Nahe)
Georg Krämer (Jüdischer Staatsanwalt aus Koblenz)
Julius und Hermann Baruch (Jüdische Ausnahmesportler aus Bad Kreuznach)
Geschwister Appel (Drei jüdische Geschwister aus Koblenz)
Schauen wir uns nun zusammen diese Ausstellung an. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse.
Die Gedenkveranstaltungen am 27. Januar 2015 in Koblenz.
Die Veranstaltungen zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar waren in Koblenz trotz des schlechten Wetters sehr gut besucht. Von einem "Schlussstrich" unter dieses dunkelste Kapitel unserer Geschichte konnte bei den Mitwirkenden und den Teilnehmern keine Rede sein. Im Gegenteil betonten die Redner, dass diese Menschheitsverbrechen nicht vergessen werden dürfen und uns für die Zukunft "vor neuen Ansteckungsgefahren immunisieren" sollen.
Nach der Eröffnung der Ausstellung "'Es war eine Fahrt durch die Hölle.' Vor 70 Jahren: Befreiung des KZ Auschwitz" am Vorabend begannen die Veranstaltungen am Gedenktag selbst mit einer Statio am Mahnmal auf dem Reichensperger Platz.
Daran schloss sich die Gedenkstunde mit christlich-jüdischem Gebet an.
Lesen Sie HIER das Programm zu den Veranstaltungen am 27. Januar 2015.
Die gut besuchte Gedenkstunde in der Citykirche
Pastor Gerhard Paul mit seinen Töchtern Eva-Sophie, Ellen-Beatris und Sarah Elisabeth bei der Lesung aus Biografien
Beim christlich-jüdischen Gebet:
Kantor Joseph Pasternak von der Jüdischen Kultusgemeinde
Superintendent Rolf Stahl von der Evangelischen Kirche
Pfarrer Ralf Staymann von der Altkatholischen Kirche
Die Printmedien berichteten ausführlich über die Veranstaltungen.
Lesen Sie HIER den Artikel in der Rhein-Zeitung vom 28. Januar 2015
und HIER den Artikel in der Rhein-Zeitung vom 29. Januar 2015
sowie den Artikel in Super Sonntag vom 31. Januar 2015.
Auch der SWR - Studio Koblenz - widmete dem Gedenktag zwei Rundfunkbeiträge. In einem kommt der Koblenzer Werner Appel, der als jüdischer Junge den Holocaust in Koblenz überlebte, zu Wort. Hören Sie dazu den nachfolgenden Mitschnitt der Sendung.
Mit und Über Werner Appel hat unser Förderverein übrigens einen einstündigen Fim mit dem Titel: "Werner Appel - Jüdisches Leben und Überleben in Koblenz 1933 - 1945" erarbeitet, der als DVD im Medienladen in Koblenz ausgeliehen oder bei unserem Förderverein käuflich erworben werden.
Der zweite Bericht des SWR ist eine Befragung unter Schülern über ihr Wissen über und ihr Interesse an dem Holocaust.
Im Beiprogramm zur Ausstellung zeigte unser Förderverein am Montag, dem 9. Februar 2015, um 19.00 in der Citykirche den von unserem Verein erarbeiteten Film mit dem im letzten Jahr verstorbenen langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde Koblenz Dr. Heinz Kahn. Heinz Kahn war der einzige seiner Familie, der das Vernichtungslager Auschwitz überlebt hat. Seine Lebensgeschichte ist ein wichtiges Dokument des Lebens und Überlebens von Juden aus unserer Region.
Zu den Film mit dem Zeitzeugengespräch mit Dr. Heinz Kahn gab unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig eine Einführung, die Sie nachfolgend lesen können:
Einführung in den Film mit dem Zeitzeugengespräch mit Dr. Heinz Kahn
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
namens des Fördervereins Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz begrüße ich Sie sehr herzlich zum Filmabend mit Dr. Heinz Kahn. Der heutige Abend ist ein Beiprogramm zur Ausstellung: „’Es war eine Fahrt durch die Hölle.’ Vor 70 Jahren: Befreiung des KZ Auschwitz.“ Diese Ausstellung, die Sie heute und auch morgen hier noch sehen können, porträtiert 20 NS-Opfer aus Koblenz und Umgebung. Sie wurden von hier aus nach Auschwitz oder in andere Lager „im Osten“ verschleppt. Die meisten von ihnen wurden in Auschwitz ermordet. Einer der wenigen Überlebenden war Heinz Kahn.
Zur Erinnerung an ihn, an sein Lebensschicksal und seine Lebens-leistung haben wir uns heute hier zusammengefunden. Es ist kein Tag wie jeder andere. Genau vor einem Jahr, am 9. Februar 2014, ist Dr. Heinz Kahn im Alter von 91 Jahren von uns gegangen. Der heutige Abend ist – wenn Sie es so wollen – katholischem Brauch entsprechend das Jahrgedächtnis für Heinz Kahn.
Heinz Kahn wurde am 13. April 1922 in Hermeskeil/Hunsrück als Sohn des dortigen Tierarztes Dr. Moritz Kahn und seiner Frau Elise geboren. Sein Vater war Soldat im Ersten Weltkrieg und erhielt zahlreiche Orden und Auszeichnungen. Schon bald nach der Machtübernahme der Nazis begannen für die Kahns die Schikanen und Diskriminierungen. Dem Vater wurden die Befugnis zur Fleischbeschau und andere amtliche Tätigkeiten entzogen. Sohn Heinz hatte als Schüler Erniedrigungen und Ausgrenzung zu erdulden. Für seine sportlichen Leistungen wurde ihm der Preis nicht ausgehändigt, weil er Jude war. In der Klasse verbannte ihn der Lehrer in die letzte Bank, seine Arbeiten wurden nicht benotet. 1936 musste Heinz die Schule verlassen, damit sie „judenrein“ wurde. Noch in Hermeskeil war die Familie vom Novemberpogrom, der „Reichspogromnacht“, betroffen. Vater Moritz kam einige Tage ins Gefängnis, dann ließ man ihn wieder frei. Dafür musste er aber sein Haus in Hermeskeil unter Wert an die Gemeinde verkaufen.
Im März 1939 zog die Familie Kahn nach Trier. Heinz, der inzwischen in Frankfurt/Main in einer jüdischen Lehrwerkstatt arbeitete, konnte im Jahr 1941 noch der Deportation entgehen, indem er zu seinen Eltern nach Trier floh. Er und seine jüngere Schwester Gertrud wurden aber als Juden dienstverpflichtet und hatten in verschiedenen Betrieben zwangsweise Arbeit zu verrichten. Am 1. März 1943 wurde die Familie Kahn - Vater Moritz, Mutter Elise, Sohn Heinz und Tochter Gertrud - von Trier aus ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei der Selektion auf der Rampe von Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) wurde Heinz von der Familie getrennt. Zum Abschied sagte sein Vater zu ihm: „Heinz, Du kommst zur Arbeit, Du musst überleben!“ So kam es auch. Zum letzten Mal hatte Heinz seine Familie gesehen. Er kam zur Zwangsarbeit nach Auschwitz III – Auschwitz-Monowitz. Aufgrund seiner Geschicklichkeit und Umsicht brachte man ihn wieder nach Auschwitz-Birkenau, diesmal als „Funktionshäftling“. Man übertrug ihm besondere Aufgaben, zeitweise war er Pfleger, Häftlingsschreiber und Lagerläufer in Auschwitz II. Dadurch hatte er gewisse Privilegien und konnte anderen Häftlingen helfen.
Vor der heranrückenden Roten Armee wurde Heinz Kahn mit anderen Häftlingen des Krankenbaus am 18. Januar 1945 von Auschwitz ins KZ Buchenwald verschleppt. Dort arbeitete er im „Selektionskommando“. Das musste die Toten u.a. auf Goldzähne untersuchen, sie ihnen entfernen und das Zahngold für die SS sammeln. Am 11. April 1945 wurde er mit den in Buchenwald überlebenden Häftlingen von den Amerikanern befreit.
Dann kehrte Heinz Kahn nach Trier zurück und versuchte, wieder Fuß zu fassen, auch das Eigentum seiner Familie, wie etwa die Wohnungseinrichtung, wieder zu erlangen. Er wurde erster Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde von Trier, machte sein Abitur nach, studierte Veterinärmedizin, legte sein Examen ab und promovierte. Er heiratete Inge Hein, eine Jüdin aus Cochem, die als 14-Jährige mit ihren Eltern 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert worden war und - anders als ihre Eltern – den Holocaust überlebte.
Heinz Kahn blieb in Deutschland – dem „Land der Täter“. 1954 zogen die Eheleute Kahn nach Polch. Dort betrieb Dr. Kahn bis vor wenigen Jahren eine Tierarztpraxis. Seit 1987 war er Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde von Koblenz.
Zeit seines Lebens war Heinz Kahn ein mutiger und – wenn es sein musste – auch kämpferischer Mensch. Dem Holocaust stellte er sich entgegen und leistete unter schlimmsten Umständen Widerstand. Er half seinen Kameraden im Konzentrationslager Auschwitz und machte ihnen das Leben und Überleben dort etwas leichter. Als Häftlingsschreiber im Krankenbau von Auschwitz-Birkenau rettete er vor seiner Verschleppung im Januar 1945 viele Unterlagen, indem er sie in Marmeladeneimer packte, diese verschweißte und sie dann in Wasserlachen versenkte. Deshalb war Heinz Kahn auch Zeuge im Frankfurter Auschwitz-Prozess vor nunmehr 50 Jahren. Auch gehörte Heinz Kahn zu den Mitwissern des Illegalen Internationalen Lagerkomitees vom KZ Buchenwald und Beschaffer und Verstecker der einen oder anderen Schusswaffe für die Befreiung des Lagers.
Bis zuletzt legte Heinz Kahn als Zeitzeuge in Schulen und Veranstaltungen beredtes Zeugnis von der Verfolgung und auch dem (partiellen) Widerstand der Juden im Nationalsozialismus ab. Aus dieser Gedenkarbeit ragt sein Zeitzeugenbericht in der Plenarsitzung des Landtages von Rheinland-Pfalz am 27. Januar 2007 heraus. Zwei Jahre zuvor hat der Förderverein Mahnmal Koblenz ein Zeitzeugengespräch mit ihm in der Sparkasse Koblenz aufgezeichnet und mit zahlreichen privaten Fotos, die Dr. Kahn uns zur Verfügung gestellt hat, ergänzt. Dieses inzwischen historische Filmdokument wollen wir Ihnen jetzt zeigen.
Was Sie sehen werden, nennt man ein Zeitzeugengespräch. Es ist aber weniger ein Gespräch mit Rede und Gegenrede, mit Frage und Antwort, als vielmehr ein Zeitzeugenbericht, den Dr. Kahn gegeben hat. Das ist eine sehr dichte und kompakte Erzählung seines Lebens und das seiner Familie und verlangt eine recht hohe Aufmerksamkeit. Dabei verwendete Dr. Kahn auch einige Begriffe, die er nicht erklärt, und die ich hier kurz erklären möchte:
Kapo: Wörtlich: „Kameradenpolizei“. Das sind Häftlinge, von der SS herausgehobene Häftlinge, die die anderen Häftlinge kontrollieren, schikanieren, antreiben sollten. Von ihrem verhalten hing wesentlich die Lage der anderen Häftlinge ab.
SGD: Sanitätsdienstgrad. Das war ein SS-Mann, der Überwachungs- und Hilfsmaßnahmen im Krankenrevier des KZ auszuüben hatte.
Stefan Heymann: Der von Heinz Kahn erwähnte Stefan Heymann war ein deutsch-jüdischer Kommunist. Er war Häftling erst im KZ Dachau, dann im KZ Buchenwald und dann – ab 1942 – im KZ Auschwitz-Birkenau. Dort traf er mit Heinz Kahn zusammen und sorgte dafür, dass Kahn verschiedene privilegierte Funktionen im KZ ausüben und so überleben konnte. Beide kamen dann noch ins KZ Buchenwald. Dort wurden sie befreit. Stefan Heymann blieb in der SBZ, später DDR, war dessen Botschafter in Ungarn und Hochschulprofessor.
Soweit meine kleine Einführung in den Film mit Dr. Heinz Kahn. Lassen wir jetzt Heinz Kahn sprechen und erinnern uns an ihn als einen wichtigen Rheinland-Pfälzer jüdischer Herkunft. Und denken wir dabei daran: „Ein Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.“
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.