Unser Mitglied Werner Appel wieder Zeitzeuge in Koblenzer Schule.
Unser Mitglied Werner Appel, der schon wiederholt im Rahmen unserer Veranstaltungen über seine Kindheit und Jugend als jüdischer Koblenzer während der NS-Zeit berichtet hat, stellte sich am 8. Mai 2009 auch einer Klasse der Julius-Wegeler-Schule in Koblenz als Zeitzeuge zur Verfügung. Wie auch dem nachfolgenden Artikel (veröffentlicht in der Rhein-Zeitung vom 14. Mai 2009) zu entnehmen ist, war das Zeitzeugengespräch mit ihm wiederum eine sehr anschauliche und authentische Schilderung der damaligen Verhältnisse in Koblenz und der Verfolgung der jüdischen Bürger in unserer Stadt.
Bewahrt die Demokratie:
Zeitzeuge Werner Appel berichtet Schülerinnen und Schülern von der Zeit der Judenverfolgung
Herr Appel hat seine Lebensgeschichte der Lehrerin Frau Tanja Bock und den Schülerinnen und Schülern und Schülerinnen der Klasse BF II 08A erzählt und dabei wichtige Einzelheiten aus seinem Leben berichtet.
Im Rahmen des Deutschunterrichts hatte Frau Bock bereits die Themen: Widerstand, Überleben in der Nazidiktatur und das Flüchtlingsproblem als sog. Projektarbeiten durchgesprochen.
An Hand einer Präsentation, die Schüler auf einer Leinwand sehen konnten, wurde die Vergangenheit für alle wieder erlebbar.
Herr Werner Appel wurde 1928 in Koblenz geboren. Sein Leben war besonders geprägt durch die schreckliche Zeit der Nazi-Diktatur von 1933 bis 1945. Die alten Fotos führten in die frühe Jugendzeit.
Der Vater wurde durch die Gestapo zu Tode geprügelt, Onkel und Tante im Konzentrationslager Auschwitz vergast und viele weitere Verwandte ebenfalls durch die Nazis zu Tode gebracht.
Einen gravierenden Einschnitt bedeutete ein Zeitungsausschnitt mit der Judenliste von Koblenz. In dieser Liste ist auch die Pension Rheinperle, die die Eltern betrieben, aufgeführt. Damit begann für die Familie Appel eine unglaublich schwere Zeit, die nur die Mutter, Werner Appel selbst und seine zwei Schwestern überlebten.
In den Rassegesetzten von 1935, den sog. Nürnberger Gesetzen, dem Reichsblutschutzgesetz und dem Reichsbürgergesetz, wurde durch die Justiz klar geregelt, was unter einem Voll-, Halb- oder Geltungsjuden zu verstehen war.
Der Vater war Jude und die Mutter war zum Judentum konvertiert. Werner Appel hatte eine enge Beziehung zu seinem Vater und ging mit ihm oft in die Synagoge. 1935 begannen die ersten Schikanen durch die SA. Ende 1935 wurde der Vater bei einer Hausdurchsuchung so schwer verletzt, dass er in den Kemper Hof eingeliefert werden musste. Die Pension musste aufgegeben werden. An den Folgen dieser Schläge verstarb der Vater 1936 im Alter von 46 Jahren. Jetzt waren seine Mutter und er für die Familie verantwortlich. Bis Mitte 1939 durfte er zur Schule gehen, dann musste er die Schule verlassen.
Er hatte zunächst Gelegenheit bei der Köln-Düsseldorfer zu arbeiten, dort war er als Küchenhilfe tätig. Als er aber sein Arbeitsbuch vorlegen musste war diese Stellung Vergangenheit, denn in seinem Arbeitsbuch war ein riesiges J ein- gedruckt und Juden durften diese Beschäftigung nicht ausüben.
Bei dem Schausteller-Ehepaar Hölzgen fand er dann eine Anstellung, obwohl ihnen bekannt war, dass er Jude war. Da sie ihren Fahrbetrieb aber nur im Umkreis von Koblenz hatten nahm sich der Schwiegersohn Theo Ehrhardt seiner an, der auch ein Fahrgeschäft hatte. Mit ihm war Werner Appel dann im Saarland, Rheinland und auch in Luxemburg tätig. Herr Ehrhardt versorgte auch seine Mutter und die beiden Schwestern, die am Laacher See und in Niederfell versteckt waren. In der Winterzeit 1944/45 wurde das Fahrgeschäft in die alte Ziegelei Metternich ausgelagert. In einem alten Brennofen hatte Herr Ehrhardt ihm ein Versteck eingerichtet. Dort war er bis zum Einmarsch der Amerikaner.
Besonders wichtig war es Werner Appel darzustellen, dass es neben den vielen Unterstützern und Mitläufern des damaligen Regimes auch eine ganze Anzahl von Menschen gab, die sich nicht darum kümmerten, dass es verboten war Juden zu helfen.
Zum Beispiel die Schulfreundin der Mutter, die die Familie heimlich mit Lebensmitteln versorgte; der Pastor, der vergeblich versuchte, die beiden Mädchen durch eine katholische Taufe zu schützen; der Schuldirektor, der den Ausschluss der Kinder aus der Schule verhindern wollte und nicht zuletzt Theo Ehrhardt, der nach Kriegsende Stadtrat von Koblenz wurde.
Wichtig war es Herrn Appel zu zeigen, dass eine Wiederholung der Ereignisse verhindert werden muss.
Am Endes seines Vortrages appellierte er an die jungen Schülerinnen und Schüler: Es liegt in euren Händen, die Demokratie zu erhalten! Die Demokratie ist zwar die schwierigste Staatsform, aber auch die beste!
Text und Fotos Bodo Zielinski