Kundgebung des DGB „Koblenz bleibt bunt, nicht braun!“ und Antifaschistische Themenwoche der Hochschule Koblenz.
Als Gegendemonstration mit Kundgebung veranstaltete der DGB Region Koblenz am 15. März 2014 eine Aktion gegen eine Kundgebung der Partei Die Rechte.
Im Vorfeld dieser Veranstaltung führte die Hochschule Koblenz wieder eine Antifaschistische Themenwoche durch. Auf dieser hielt unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig einen Vortrag. Diesmal mit dem Thema „Verfolgung und Widerstand in Koblenz 1933-1945“ im Circus Maximus in Koblenz.
Lesen Sie das Plakat mit der Ankündigung der Woche und des Vortrags
Lesen Sie die Berichte über die Gegendemonstration und Kundgebung
HIER in der Rhein-Zeitung vom 17. März 2014
Unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig hielt auf der Abschlusskundgebung am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz auf dem Reichensperger Platz eine Ansprache. Diese können Sie hier nachlesen:
Liebe Neonazi-Gegnerinnen und –gegner und liebe Demokratinnen und Demokraten,
wir haben uns hier am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz versammelt, um gegen die NeoNazis in unserer Stadt, gegen ihre rassistische, menschenfeindliche Ideologie und Praxis und ihre Propaganda zu demonstrieren. Schon einmal haben solche Parolen unter dem Deckmantel der Biedermänner, der Wahrnehmung nationaler und völkischer Interessen zu Verfolgung, Krieg, Zerstörung und Tod geführt. Die politischen Gegner der Nazis und andere nicht in ihre „Volksgemeinschaft“ passenden Menschen wurden erst ausgegrenzt, dann stigmatisiert, dann verfolgt und schließlich umgebracht, ermordet. Diese Verbrechen unvorstellbaren Ausmaßes nahmen Anfang 1933 in allen Orten Deutschlands, auch hier in Koblenz, ihren Anfang. Sie endeten in den Gefängnissen, Gestapo-Kellern, Konzentrationslagern und anderen Lagern – es gab davon mehr als 10.000 in Deutschland – in Unfreiheit, Terror und Tod. Allein in Auschwitz-Birkenau, dem größten Friedhof der Welt, machten die Nazis und ihre Helfer aus Nachbarn, aus Männern, Frauen und Kindern, - Leichen, 1,5 Millionen Leichen, die wie Holzscheite zu Leichenbergen gestapelt und in den Krematorien Tag und Nacht verbrannt wurden.
Dieser Opfer des Nationalsozialismus – man schätzt allein die Toten auf 11 Millionen – 6 Millionen Juden und 5 Millionen nicht-jüdische Opfer – erinnern wir auch mit dem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz. Auf dem einen Stein des Mahnmals stehen die Worte: „Gedenkt der Verfolgten, Geschundenen, Ermordeten 1933 – 1945“ Sie sollen uns Heutige mahnen und aus vollem Herzen und voller Brust den Mahnruf erschallen lassen: „Nie wieder! – Nie wieder Faschismus, nie wieder Rassismus, nie wieder Antisemitismus, nie wieder Menschenverachtung, nie wieder Krieg!“
Das Mahnmal hier will aber nicht nur mahnen. Es will uns auch ermutigen, dass wir die Auseinandersetzung, den Kampf gegen den braunen Ungeist und Terror offensiv führen. Damit wir den Neonazis die Ideale der Französischen Revolution, die Gedanken der deutschen Aufklärung und der deutschen – gescheiterten - Revolutionen entgegenhalten. Diese Grundlagen des friedlichen und gedeihlichen menschlichen Zusammenlebens sind inzwischen Allgemeingut unserer staatlichen und gesellschaftlichen Verfasstheit geworden. Sie haben Eingang in die Grundrechte unserer Verfassung gefunden. Sie lauten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. – Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. – Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. – Die Freiheit der Person ist unverletzlich. – Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. – Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat oder Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ - Diese und weitere Grundrechte und elementaren Werte sind auf dem zweiten Steinblock des Mahnmals niedergeschrieben – und zwar auf dessen Innenseite.
Liebe Neonazi-Gegnerinnen und Gegner und liebe Demokratinnen und Demokraten, lassen Sie mich heute am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus und im Angesicht der Demonstration der Neonazis in Koblenz eine Szene in Erinnerung rufen, die sich vor mehr als 67 Jahren abgespielt hat. Das Datum war der 19. April 1945. Der Ort der Appellplatz des vor wenigen Tagen befreiten Konzentrationslagers Buchenwald. Die Akteure waren 21.000 Häftlinge des KZ Buchenwald, die ihrer 60.000 ermordeten Kameraden gedachten und den „Schwur von Buchenwald“ ablegten. Ich zitiere aus einem Bericht eines Zeitzeugen, in dem es heißt:
Am 19. April 1945 fand die Trauerkundgebung für die Toten von Buchenwald statt. Ein großes Ehrenmal war auf dem Appellplatz errichtet. Die Blocks und Baracken waren mit Fahnen und Transparenten geschmückt. Die Fahnen fast aller Nationen wehten im Winde und zeigten, dass die Völker auch friedlich nebeneinander leben können. Unter den Klängen ihrer Nationallieder marschierten die Nationen auf. Russen, Polen, Tschechen, Slowaken, Jugoslawen, Österreicher, Ungarn, Rumänen, Engländer, Deutsche, Franzosen, Italiener, Spanier, Belgier, Holländer und Luxemburger.
Unter den Klängen der „Internationale“ marschierten die gemischten Blocks auf. 21.000 marschierten zum Gedächtnis für 60.000 tote Kameraden. Die Fahnen wurden vor dem Ehrenmal aufgestellt und neigten sich zum Gruß.
Der Vorsitzende des Internationalen Lagerkomitees (…) eröffnete die Kundgebung. Mit entblößtem Haupt gedachten die befreiten Häftlinge der Toten. Dann verlasen Mitglieder des Internationalen Komitees – jeder in seiner Sprache – den Aufruf:
…
Wir Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slowaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn, kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.
Uns beseelte eine Idee: Unsere Sache ist gerecht – Der Sieg muss unser sein!
Wir führten in vielen Sprachen den gleichen harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf, und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!
Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:
Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig. Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:
,WIR SCHWÖREN!
21.000 Männer streckten die Hand zum Himmel und sprachen: „Wir schwören!“ ----
In den letzten 67 Jahren hat sich viel getan. Die sadistischen Peiniger und Mörder von damals laufen heute nicht mehr frei herum. Sie sind so gut wie alle tot. Inzwischen leben wir hier in Deutschland in einem freiheitlichen, sozialen und demokratischen Rechtsstaat. Viele Hoffnungen von damals – wenn auch nicht alle - sind heute verwirklicht. Wir stehen hier auch nicht ausgemergelt und in KZ-Kleidung auf dem Appellplatz des KZ Buchenwald – sondern gut genährt, in Freizeitkleidung der aktuellen Mode im Sonnenschein am Mahnmal für die NS-Opfer in Koblenz. Aber der „Schwur von Buchenwald“ ist – leider – immer noch aktuell: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung!“ Das wollen wir hier und heute auch tun und den Neonazis ihre Propagandashow von vorn bis hinten verderben. -- Wir schwören!
– Ich danke Ihnen!