„Der Schwur von Buchenwald“ ist jetzt
Vor 79 Jahren, am 11. April 1945, wurde das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar von amerikanischen Truppen befreit. Wenige Tage später, am 19. April 1945, versammelten sich dort auf dem Appellplatz 21.000 Häftlinge des ehemaligen KZ. Sie alle gedachten ihrer ermordeten Kameraden und legten den „Schwur von Buchenwald“ ab:
Wir Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slowaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.
Uns beseelte eine Idee: Unsere Sache ist gerecht – Der Sieg muss unser sein!
Wir führten in vielen Sprachen den gleichen harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf, und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!
Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:
Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig. Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:
WIR SCHWÖREN!
21.000 Männer streckten die Hand zum Himmel und sprachen: „Wir schwören!“
Auch 79 Jahre nach der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager ist der Schwur der befreiten Häftlinge aktuell, aktueller denn je. Denn: „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.“ (Bertolt Brecht). Die Gefahr des erstarkenden Faschismus ist nicht gebannt, sie ist größer denn je.
Heute können die Überlebenden von Buchenwald nicht mehr kämpfen, sie sind nicht mehr unter uns. Damals auf dem Appellplatz standen auch ehemalige Häftlinge aus Koblenz und Umgebung, u.a.: der Jude Heinz Kahn, der Sozialdemokrat Dr. Hans Bauer und der Kommunist Alfred Knieper.
Heinz Kahn war 1943 nach jahrelangen Schikanen mit seiner Familie in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert worden. Während seine Eltern Dr. Moritz und Elise Kahn und seine Schwester Gertrud sofort ins Giftgas geschickt wurden, überlebte Heinz die Selektion und kam zur Arbeit nach Auschwitz III, nach Monowitz. Im Januar 1945 ging er mit vielen anderen „auf Transport“ ins KZ Buchenwald. Nach der Befreiung setzte er seine Ausbildung fort, war ab 1954 Tierarzt in Polch und ab 1987 Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Koblenz. Dr. Heinz Kahn starb im Jahr 2014 im Alter von 91 Jahren. (Weiterführende Informationen HIER)
Dr. Heinz Kahn, nach der Befreiung um 1950
Dr. Hans Bauer war Lehrer und später Leiter der Bürgerschule in Bendorf. Er engagierte sich politisch bei dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und bei der Deutschen Staatspartei, als diese dann weiter nach rechts rückte bei der SPD. Schon bald entließen ihn die Nazis als „politisch unzuverlässig“ aus dem Schuldienst. Hans Bauer arbeitete weiter und illegal für die inzwischen verbotene SPD und hielt Kontakt zum Grenzsekretariat der SOPADE. Deswegen wurde er wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 2 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach Strafverbüßung kam er nicht frei, sondern in Koblenz in „Schutzhaft“ und 1938 in das KZ Buchenwald. Nach der Befreiung war er Oberstudiendirektor des Gymnasiums in Traben-Trarbach. Dr. Hans Bauer starb 1947 geschwächt an den Folgen der erlittenen langjährigen Haft auf dem Weg zur Arbeit. (Weiterführende Informationen HIER)
Dr. Hans Bauer, um 1930
Der Keramikarbeiter Alfred Knieper aus Höhr-Grenzhausen war schon früh Gewerkschafter und Kommunist. Nach der Machtübernahme der Nazis am 30. Januar 1933 kam er wiederholt in „Schutzhaft“, u.a. in das KZ Esterwegen im Emsland. Mit Beginn des von Hitler-Deutschland entfesselten Zweiten Weltkriegs wurde er im Rahmen der sog. A-Kartei-Aktion als „Sicherheitsrisiko“ verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Nach der Befreiung engagierte er sich weiter für die KPD, war Landesvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und wurde Regierungsvizepräsident des damaligen Regierungsbezirks Montabaur. Im Zuge der ersten Berufsverbote im Jahr 1950 (sog. Adenauer-Erlass) beendete er sein Engagement für die KPD und VVN und entging so der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Zuletzt war er Regierungsdirektor im Sozialministerium. Alfred Knieper starb im Jahr 1973. (Weiterführende Informationen HIER)
Alfred Knieper, nach der Befreiung um 1945
Diese drei „Buchenwalder“ können nicht mehr für die „Vernichtung des Nazismus“ und den „Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“ kämpfen. So sind wir Heutigen aufgerufen, uns dafür zu engagieren. Der Schwur von Buchenwald ist jetzt!
Der englische Chor „Tapestry Chamber Choir“ gastiert Anfang April 2024 im Rheinland:
· Dienstag, dem 2. April 2024, um 19.30 Uhr in der Basilika St. Castor in Koblenz
· Mittwoch, dem 3. April 2024, um 18.00 in der Basilika St. Severus in Boppard
· Donnerstag, dem 4. April 2024, zur Mittagszeit im Dom zu Köln
· Donnerstag, dem 4. April 2024, abends im Gemeindesaal der Jüdischen Kulusgemeinde in der Schwerzstraße.
Der Eintritt ist jeweils frei.
Der Tapestry Chamber Choir ist ein Kammerchor mit Sitz in Cheltenham, England. Er führt ein vielfältiges Repertoire an geistlicher und weltlicher Musik auf. Im Rahmen seiner Rheinland-Tour gibt er am Dienstag, dem 2. April 2024, von 19.30 bis 21 Uhr ein Konzert in der Basilika St. Kastor in Koblenz. Der Eintritt ist frei und alle sind herzlich eingeladen.
Neben seiner künstlerischen Darbietung kommt dem Chor wegen seines Hintergrunds und Bezugs zu Koblenz ganz besondere Bedeutung zu. Dieser ergibt sich durch den Organisator und auch Sänger des Chores Simon Burne, dessen Ehefrau den Chor leitet. Simon Burne hat jüdische Vorfahren in Koblenz. Sein Urgroßvater Carl Bernd war Begründer des heute noch so heißenden "Möbelhauses Bernd" im Koblenzer Gewerbegebiet. Sein Großvater war Dr. Hugo Bernd, HNO-Arzt in Koblenz, der mit seiner Ehefrau Senta nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Simons Vater war Hans Reiner Bernd, der als "Kindertransportkind" 1939 nach England entkam. Er nannte sich beim britischen Militär dann in "John Burne" um. Simon Burne, der früher bei der EU in Brüssel beschäftigt war und ein bisschen Deutsch spricht, war schon wiederholt hier in Koblenz, der "alten Heimat" seiner Vorfahren.
An die Familie Bernd erinnern hier in Koblenz am Friedrich-Ebert-Ring fünf „Stolpersteine“ sowie Biografien auf unserer Webseite. Das Gastspiel des britischen Chores hat also eine lange Vor-Geschichte und verbindet Gegenwart und Vergangenheit. Das hat auch etwas sehr Versöhnliches – und gerade in heutiger Zeit auch Mahnendes.
Der „Tapestry Chamber Choir“ kommt am 1. April 2024 in Koblenz an und ist die Woche über im Hotel Hohenstaufen. Er gestaltet ein Konzert mit Chormusik „Von Klassik bis Modern: Beliebte Chorwerke und Volkslieder“.
Hier ist der Link zur Homepage des Chors:
https://www.tapestrychamberchoir.co.uk/
Am 2. April gibt er ein Konzert hier in Koblenz in der Basilika St. Kastor, am 3. April folgt ein Konzert in der St. Severus Kirche in Boppard. Am 4. April ein weiteres Konzert im Kölner Dom. Der Eintritt ist frei (jedenfalls in Koblenz, aber wohl auch sonst.) Am 3. oder 4. April 2024 gastiert der Chor auch im Gemeindesaal der hiesigen Jüdischen Kultusgemeinde. Am 5. April reist der Chor nach England zurück.
Der Auftritt bei der Jüdischen Kultusgemeinde lässt schon aufhorchen. Mit dem Chor hat es eine ganz besondere Bewandtnis. Organisator des Chors (und einer der Sänger) ist Simon Burne, seine Frau Sandra Burne ist die Chorleiterin. Und Simon Burnes Familie hat wie gesagt Koblenzer Wurzeln. Simons Vater Dr. John Burne und seine Frau habe ich im Jahr 2004 im Rahmen des „Heimatbesuchs“ hzier kennen und schätzen gelernt. Danach hat er mir noch einige Familienfotos geschickt. Daraus habe ich dann nach einer schon vorhandenen Personentafel für die Familie Bernd auch die weitere Personentafel für die Bernd-Kinder erarbeitet. Letztere war dann Teil einer Ausstellung über Kinder und Jugendliche als NS-Opfer, die unser Förderverein im Landtag von Rheinland-Pfalz zeigte. Simon Burne, zu dem ich den Kontakt gehalten hatte, war zur Ausstellung im Landtag hier und dann anschließend auch in Koblenz zur Eröffnung einer Ausstellung unseres Fördervereins, ebenfalls mit der Biografie der Bernd-Kinder. Dann wurden für die Familie Bernd am Friedrich-Ebert-Ring fünf Stolpersteine verlegt. Zur Verlegung waren Simon Burne und seine Cousine aus England angereist, auch waren hier lebende Angehörige der Familie Bernd anwesend.
An die Familie Bernd erinnern die vom Förderverein Mahnmal Koblenz erarbeiteten Personentafeln der Familie Bernd und der Bernd-Kinder, die auch auf der Homepage des Fördervereins zu sehen sind.
Hier ist der Link dahin.
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Die für die Familie am Friedrich-Ebert-Ring verlegten fünf Stolpersteine.
Außerdem sind diese Stolpersteine für die Familie Bernd eine Station auf dem 1. Stolperstein-Rundgang durch Koblenz, der auf der Homepage des Fördervereins Mahnmal Koblenz zu sehen ist. Hier ist der Link dahin:
https://stolpersteine.mahnmalkoblenz.de/index.php/stolperstein-rundgang-1