Neues von „unserem“ Zeitzeugen Werner Appel
Herr Werner Appel ist dem Förderverein Mahnmal Koblenz seit vielen Jahren sehr verbunden. Als waschechter Koblenzer, „Schängel“ genannt, ist er der letzte Zeitzeuge, der als Jude über die Zeit des Nationalsozialismus in Koblenz aus eigenem Erleben berichten kann. Er tut es immer wieder gern und stellt sich auch weit jenseits des 80. Lebensjahres in den Dienst der Gedenkarbeit, der Erinnerung an die Diskriminierung, der Verfolgung und Ermordung der Koblenzer und der anderen Juden, der Warnung vor „neuen Ansteckungsgefahren“ und der Mahnung gerade an die Jugend, unsere demokratischen Institutionen weiter zu stärken und den Geist der Demokratie immer lebendiger zu halten.
Seit fast 20 Jahren sind Werner Appel, seine Frau Christel und seine Schwester Ruth gern gesehene und treue Teilnehmer an dem Koblenzer „Heimatbesuchen“, bei denen auf Einladung der Christlich-Jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit ehemalige jüdische Bürger aus Koblenz und Vallendar ihre frühere Heimat besuchen und Erinnerungen austauschen und weitergeben.
Aus diesen Besuchen und den Gesprächen herbei ergab sich Werner Appels Zeitzeugenschaft. Seit nunmehr mehr als 10 Jahren berichtet er vor Schülern und anderen Interessierten über sein Leben, das im Jahr 1928 in Koblenz begann, ihn nach der Verfolgung in Nazi-Deutschland und seiner Auswanderung über Palästina, später Israel, dann wieder nach Deutschland, nach Koblenz, Berlin und schließlich nach Frankfurt am Main führte.
Zeitzeuge Werner Appel und Ehefrau Christel an der Julius-Wegeler-Schule in Koblenz.
Der Kontakt zum Förderverein Mahnmal Koblenz ergab sich im Rahmen der Ausstellung „Jugend im Nationalsozialismus“ zum 27. Januar 2004. Tja, lang, lang ist’s her – gell, Werner. Daraus entwickelte sich neben anderen in Koblenz auch eine freundschaftliche Beziehung zum Förderverein Mahnmal Koblenz und seinen Mitgliedern, vor allem zu den Eheleuten Bodo und Gertrud Zielinski und den Eheleuten Ursula und Joachim Hennig.
Immer wieder berichtete Werner Appel vor einem interessierten Publikum über sein langes Leben und über die Lehren, die er für sich daraus gezogen hat. In bester Erinnerung sind nicht nur die Veranstaltungen in den Schulklassen, sondern gerade auch die Zeitzeugengespräche mit ihm im Rahmen der Gedenkveranstaltung zur 70. Wiederkehr der sog. Reichspogromnacht im November 2008 im Oberlandesgericht Koblenz sowie im Rahmen der vom Justizministerium veranstalteten Fortbildung für Richter und Staatsanwälte zum Thema „Justiz und Recht im Dritten Reich“.
Mehrere glückliche Umstände machten es dann im Sommer 2009 möglich, mit Werner Appel einen Dokumentarfilm über sein Leben zu drehen. Zwei Tage lang nahm er sich mit seiner Frau Christel im Hochsommer Zeit, mit Schülerinnen der Julius-Wegeler-Schule und Zeitzeugen durch das heutige Koblenz zu gehen und ihnen die Geschichte seines Lebens und das seiner Familie zu erzählen. Der Filmer Herbert Bartas nahm alles sehr sorgfältig auf und zusammen mit historischen Fotos und Familienfotos machten Joachim Hennig und er daraus einen einstündigen Dokumentarfilm mit dem Titel: „Werner Appel - Leben und Überleben in Koblenz 1933 – 1945“. Gern erinnert man sich noch an die Uraufführung des Films in der Julius-Wegeler-Schule. Seitdem ist der Film im Angebot des Medienladens Koblenz und kann dort kostenlos ausgeliehen werden. Außerdem bietet der Förderverein Mahnmal Koblenz den Film zum Kauf an. Eine Genugtuung und Freude war es für Werner Appel dann, als er am 29. März 2011 für seine Gedenkarbeit und seine Lebensleistung das Bundesverdienstkreuz verliehen erhielt.
Auch danach war Werner Appel weiter als Zeitzeuge aktiv – man will fast meinen: erst recht. Dies hängt natürlich auch von seiner Bekanntheit heute ab. Dazu hat der Förderverein Mahnmal Koblenz einen gewichtigen Beitrag geleistet. Darüber freuen wir uns sehr.
Werner Appel fand dann Aufnahme in den Zeitzeugen-Pool der Koordinierungsstelle für Zeitzeugengespräche im Unterricht in Rheinland-Pfalz und wurde dadurch auch in Schulen außerhalb von Koblenz verstärkt eingeladen.
Aus diesem Engagement hervorgegangen ist im Jahr 2012 die Facharbeit der Schülerin Stefanie Equit aus Senheim-Senhals vom Martin-von-Cochem-Gymnasium in Cochem/Mosel mit dem Thema: „Antisemitismus im Dritten Reich anhand eines Betroffenen“. Es folgten weitere Zeitzeugengespräche in Schulen, die dann durch den Winter unterbrochen wurden.
Aber im neuen Jahr 2013 ließ sich Werner Appel aber auch von dem nicht enden wollenden Winter nicht in seiner Zeugenschaft abhalten. Inzwischen war auch die Landeszentrale für politische Bildung in Hessen auf ihn aufmerksam geworden und vermittelte in Hessen Zeitzeugengespräche mit ihm.
Einen Presseartikel von Rheingau Echo 08 03 2013 HIER lesen
Einen Presseartikel von Hanauer Anzeigen 12 02 2013 HIER lesen
Einen Presseartikel von Lokal-Presse Geisenheim HIER lesen
Weitere Anfragen von Schulen hat Werner Appel inzwischen erhalten. Um der Erinnerungsarbeit willen stellt er sich immer wieder gern als Zeitzeuge zur Verfügung – wenn die Konfrontation mit der erlittenen Verfolgung ihn auch jedes Mal sehr berührt und mitnimmt. Aber er will gerade der Jugend seine Geschichte erzählen und für unsere Demokratie werben – soweit und so lange seine Gesundheit es zulässt. Auch deshalb wünschen wir vom Förderverein Mahnmal Koblenz ihm von Herzen eine eiserne Gesundheit und ein langes, erfülltes Leben.
Erzählcafé zu Hugo Salzmann am 20. März 2013 im Schloßparkmuseum in Bad Kreuznach
Am 20. März 2013 berichtet Hugos Salzmanns Tochter Juliana Salzmann zusammen mit dem Autor Joachim Hennig unter dem Titel „Porträt eines Kreuznachers. Der Kommunist Hugo Salzmann." über ihren Vater, den Kreuznacher Kommunisten, Gewerkschafter, Kommunalpolitiker und Künstler Hugo Salzmann. Beide, Joachim Hennig und Juliana Salzmann, haben vor kurzem seine Lebensgeschichte sehr umfangreich aufgearbeitet und dargestellt. Anhand zahlreicher historischer und privater Fotos, die mit einer Powerpoint-Präsentation gezeigt werden, zeichnen sie im Gespräch das sehr bewegte und bewegende Leben und Wirken von Hugo Salzmann nach, nach dem vor einigen Jahren eine Straße in bad Kreuznach benannt wurde. Ergänzt wird die Veranstaltung der Stiftung Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach durch eine kleine Ausstellung von Holzschnitzereien von Hugo Salzmann.
Familie Salzmann in den 1950er Jahren in Bad Kreuznach:
Hugo Salzmann, seine dritte Ehefrau Maria und die Tochter Juliana.
Konkreter Anlass für diese Veranstaltung sind zwei ganz unterschiedliche Jahrestage: Vor 80 Jahren, kurz nach der Machtübernahme der Nazis am 30. Januar 1933, begannen die Verfolgungen der Kommunisten und Gewerkschafter. Einer der meistgesuchten in Bad Kreuznach und Umgebung war Hugo Salzmann. Für sein Ergreifen „tot oder lebendig“ hatten sie ein Kopfgeld von 800 Reichsmark ausgesetzt. Nur unter Lebensgefahr konnte er untertauchen und ins Exil fliehen. Der zweite aktuelle Anlass ist, dass Hugo Salzmann am 4. Februar 1903 geboren wurde, er wäre also im letzten Monat 110 Jahre alt geworden. Bis auf die Zeit seiner mehr als 12 Jahre langen Verfolgung und des Exils lebte und wirkte er in Bad Kreuznach. In seiner Heimatstadt starb er am 14. Oktober 1979.
In diesen 76 Jahren erlebte und durchlitt er vier Epochen der jüngsten deutschen Geschichte: Das ausgehende Kaiserreich, zuletzt als Metalldreher-Lehrling und Jung-Gewerkschafter, dann die Weimarer Republik als Jungkommunist, Betriebsratsvorsitzender, KPD-Stadtverordneter und Reichstagskandidat, dann den Nationalsozialismus als politischer Flüchtling, Emigrant in Paris, Mitglied der dortigen Emi-Leitung, Inhaftierter im Konzentrationslager Le Vernet, Gestapohäftling und vom Volksgerichtshof wegen Hochverrats zu acht Jahren Zuchthaus Verurteilter, dann die Nachkriegszeit zunächst als „Mann der ersten Stunde“ in Politik, Gewerkschaft und Gesellschaft in Bad Kreuznach, und dann schließlich die weiteren Jahre, in denen er durch das KPD-Verbot des Bundesverfassungsgerichts 1956 seiner politischen Heimat und Betätigung beraubt, „nur“ noch als Gewerkschaftssekretär und „Hobbykünstler“ aktiv war.
Neben diesem „öffentlichen“ Hugo Salzmann gab es den Privatmann, den Genossen, den Kameraden, den Ehemann und den Vater Hugo Salzmann. Salzmann war dreimal verheiratet. Die erste Ehe mit Änne Buchert Ende der 1920er war ein Irrtum. Sie ging schon nach wenigen Monaten in die Brüche. Die zweite Ehe mit Julianna Sternad ging er im Jahr 1932 ein. Sie war geprägt von Flucht, Exil und Verfolgung. Praktisch die Hälfte der Ehezeit lebten die beiden getrennt – in Konzentrationslagern, Gefängnissen und im Zuchthaus. Am 6. Dezember 1944 starb Julianna im Frauen- Konzentrationslager Ravensbrück, während ihr Mann Hugo im Zuchthaus von Butzbach seine mehrjährige Haftstrafe verbüßte. Aus dieser 2. Ehe stammt der heute 80-jährige Sohn Hugo, der seit Jahrzehnten mit seiner Familie in der Heimat seiner Mutter in Graz/Österreich lebt. Nach dem Krieg ging Hugo Salzmann die dritte Ehe mit Maria Schneider ein. Aus dieser Ehe ging Frau Julianna Salzmann hervor, sie erhielt den Vornamen der zweiten Frau ihres Vaters, Julianna.
Über dieses sehr bewegte und bewegende Leben ihres Vaters wird Julianna Salzmann zusammen mit dem Autor Joachim Hennig im Gespräch einen vertiefenden Einblick geben. Außerdem wird sie in einer kleinen Ausstellung einige Schnitzarbeiten ihres Vaters, die Jahrzehntelang nicht mehr in Bad Kreuznach gezeigt wurden, präsentieren.
Ehrung Hugo Salzmanns für 60 Jahre Mitgliedschaft in der Metallarbeitergewerkschaft/IG Metall
durch den IG-Metall Bevollmächtigten Kurt Vittinghoff, (links), 1978.