Erzählcafé zu Hugo Salzmann am 20. März 2013 mit Julianna Salzmann, Joachim Hennig und einer kleinen Skulpturen- Ausstellung.
Lesen Sie nachfolgend auch den Bericht über diese sehr gelungene Veranstaltung:
Joachim Hennig und Juliana Salzmann beim „Erzählcafé im Schloßparkmuseum
Der "erzählende Vortrag/Erzählcafé" von Julianna Salzmann und Joachim Hennig am 20. März im Schlossparkmuseum in Bad Kreuznach war rundherum gelungen. Herr Räpple von der Stiftung Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach konnte ein volles Haus begrüßen. Die über 50 Gäste, die zum Teil auch aus der näheren Umgebung gekommen waren, erlebten dabei Stadtgeschichte zum Anfassen. Das begann schon damit, dass Frau Salzmann einige Skulpturen ihres Vaters in der Runde herumreichte und diese beschrieb. Sodann berichtete sie mit vielen historischen Fotos und assistiert von Joachim Hennig über das Leben und Wirken ihres Vaters, die Verfolgung und Emigration ihres Vaters und seiner Frau Julianna und vom Tod ihrer Namensgeberin im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Mit großem Interesse und mit Anteilnahme verfolgten die Gäste die Stationen seines Lebens und wie sich in ihnen vor der NS-Diktatur und dann auch wieder danach die Heimatgeschichte widerspiegelte. Immer wieder griff das Publikum die dargebotenen Bilder und Geschichten auf und brachte sich und die eigene Erinnerung in die Erzählung ein. Zwei Stunden lang wurde das Leben des Kommunisten, Gewerkschafters und Künstlers Hugo Salzmann und seiner Familie wieder lebendig. Auch noch danach suchten Bekannte und Verwandte der erst vor zwei Jahren verstorbenen dritten Frau Salzmanns, Maria Salzmann, den Kontakt zur Tochter. So gab es noch danach ein vielstimmiges "hallo". Viel zu früh musste man auseinander gehen, aber die Zeit war schon sehr fortgeschritten. Es war sicherlich für zahlreiche Kreuznacher ein Erlebnis - auch für Julianna Salzmann, die schon an ein Treffen in privaterem Rahmen denkt.
Erster Koblenzer Polizeipräsident Dr. Ernst Biesten wieder entdeckt
Nach vielen Jahren des Vergessens ist jetzt die Erinnerung an den ersten Polizeipräsidenten von Koblenz wachgerufen worden: Dr. Ernst Biesten (1884 - 1953). Auf Einladung von Polizeipräsident Horst Eckhardt referierte der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz Joachim Hennig über den in Niederlahnstein geborenen, in Koblenz wirkenden und zuletzt in Unkel am Rhein wohnenden Juristen Ernst Biesten.
Ernst Biesten war im ausgehenden Kaiserreich besoldeter Beigeordneter der Stadt Koblenz. Zurzeit der Weimarer Republik wurde er unter der amerikanischen Besatzung Polizeidezernent von Koblenz und einziges deutsches Mitglied des gemischt amerikanisch- deutschen Gnadenhofs. Während der anschließenden französischen Besatzung trat er den Separatisten entschieden entgegen und kämpfte wenig später gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. In der Endphase der Weimarer Republik wurde er erster Polizeipräsident in Koblenz. Schon zwei Wochen nach der sog. Machtergreifung der Nazis entfernten sie ihn wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ aus seinem Amt. Im Nazi-Deutschland war er erst erwerbslos, dann Prokurist und später geschäftsführender Gesellschafter einer Schuhgroßhandlung in Frankfurt/Main. In der frühen Nachkriegszeit gehörte er gleichsam allen drei Gewalten an: Die Amerikaner holten ihn nach Koblenz zurück, damit er Polizeipräsident für den Regierungsbezirk Koblenz werden konnte. Er war Vorsitzender der Bereinigungskommission, die in Koblenz zunächst für die Entnazifizierung zuständig war, war Mitbegründer der CDU in Koblenz, Neuorganisator der Polizei und wäre fast Regierungspräsident in Montabaur geworden, um dann statt dessen Chef und Organisator der Rheinischen Verwaltungsschule in Cochem und auch kommissarischer Landrat von Cochem zu werden. Er war Mitglied des Unterausschusses für Verfassungsfragen der Gemischten Kommission und neben Adolf Süsterhenn maßgeblich an den Vorarbeiten für die Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz beteiligt. Schließlich war er erster Präsident des Landesverwaltungsgerichts (heute: Oberverwaltungsgerichts) und erster Vorsitzender des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz. Und dann geriet er viele, viele Jahre, ja Jahrzehnte in Vergessenheit…
Nach der Begrüßung der Besucher in dem bis auf den letzten Platz besetzten Saal durch Polizeipräsident Eckhardt hob Innenminister Roger Lewentz die besondere Bedeutung der Gedenkarbeit für die politische Bildung gerade der Jugend und des polizeilichen Nachwuchses hervor. Dabei stellte er diese Veranstaltung in eine Reihe mit den Gedenkveranstaltungen des Landes zum diesjährigen nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.
Halten vor der Biografie des ersten Koblenzer Polizeipräsidenten Dr. Ernst Biesten die Erinnerung an ihn wach (v.l.n.r.):
unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig, Gerd Hattingen, Ehemann von Frau Irmingard Hattingen,
Frau Irmingard Hattingen, Tochter Dr. Ernst Biestens, Staatsminister Roger Lewentz, Polizeipräsident Eckhardt.
In diesem Sinne berichtete Joachim Hennig über den Polizeipräsidenten Dr. Ernst Biesten, der am Ende der Weimarer Republik gegen den aufkommenden Nationalsozialismus in Koblenz und Umgebung ankämpfte und sogar den Nazi-Gauleiter Robert Ley für einige Zeit im Koblenzer Gefängnis hinter Schloss und Riegel brachte. Vor 80 Jahren, am 13. Februar 1933, wurde Biesten deshalb von dem preußischen Innenminister Hermann Göring wegen "politischer Unzuverlässigkeit" aus dem Amt entfernt. Im Zenit seiner beruflichen Karriere und im 50. Lebensjahr gelang es ihm nicht mehr, als Jurist tätig sein zu können. Selbst seine Zulassung als Rechtsanwalt vereitelte der Gauleiter Gustav Simon.
Erst nach dem Krieg kehrte Biesten nach Koblenz zurück und war u.a. als Polizeipräsident für den Regierungsbezirk Koblenz in zahlreichen sehr bedeutenden Positionen "Mann der ersten Stunde". Zuletzt war Biesten Präsident des Oberverwaltungsgerichts und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz erster höchster Richter. Biesten starb im Jahr 1953. Er war - wie Hennig ihn nennt und wie der Untertitel der über ihn im Jahr 1996 erschienenen Biografie lautet -"ein Demokrat in vier Epochen".
Ein besonderes Gepräge erhielt die Veranstaltung durch die Anwesenheit von Frau Irmingard Hattingen, der Tochter Ernst Biestens, und ihres Mannes. Schon sehr betagt, begleiteten sie diese "Feierstunde" für ihren (Schwieger-)Vater. Beim anschließenden Rundgang durch eine kleine Ausstellung haben sie Polizeipräsident Eckhardt, Innenminister Lewentz, Präsident des Oberverwaltungsgerichts Dr. Brocker und dem Biografen Hennig noch manche Begebenheit aus dem reichen Leben ihres Vaters erzählt.
In der damit eröffneten Ausstellung im Polizeipräsidium Koblenz zeigt der Förderverein Mahnmal Koblenz neben Ernst Biesten noch neun Opfer des Nationalsozialismus aus Koblenz und Umgebung, die in der NS-Zeit unter Beteiligung der Koblenzer Polizei verfolgt wurden.
Eine Pressebericht der Rhein-Zeitung können Sie HIER lesen
Hier eine Bilderstrecke der Veranstaltung:
Einen Vortrag von Joachim Hennig, gehalten im Polizeipräsidium Koblenz am 21. März 2013: