Internationaler Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2022.
Am 27. Januar 2022 begehen wir zum zweiten Mal den Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus unter Corona-Bedingungen. Auch dieses Mal hat der Landtag von Rheinland-Pfalz dazu ein Programmheft herausgegeben. Geplant sind zahlreiche und vielfältige Veranstaltungen im Landtag in Mainz, in der Landeshauptstadt Mainz und im ganzen Land. Auch unser Förderverein Mahnmal Koblenz beabsichtigt - wie auf der Seite 31 der nachfolgenden Broschüre nachzulesen ist - in diesem Jahr die traditionellen Veranstaltungen anzubieten. Es wird auch am 27. Januar 2022 eine Statio am Mahnmal auf dem Reichensperger Platz, eine Gedenkstunde mit christlich-jüdischem Gebet in der Citykirche und auch eine Ausstellung geben. Präsentiert wird die eigens zu diesem Anlass von unserem stellvertretenden Vorsitzenden Joachim Hennig erarbeitete Ausstellung "Rheinische jüdische und politische Emigranten in französischer Haft". Wie die Veranstaltungen im Einzelnen ablaufen und dokumentiert wird, ist noch nicht geklärt. Deshalb wird hier erst einmal das Programmheft des Landtags gezeigt. Wenn Näheres feststeht, gibt es eine Pressemitteilung unseres Fördervereins und auch hier auf dieser Homepage weitere Informationen.
Hier geht es zum Programmheft
Das Programmheft zeigt - zum Stand Anfang Dezember 2021 - die Planungen und Vorbereitungen zu einer Vielzahl von Gedenkveranstaltungen im Landtag, in Mainz und im ganzen Land Rheinland-Pfalz. Diese könnten wegen der Corona-Pandemie nicht oder nur in eingeschränktem Umfang oder nur digital und medial stattfinden.
Neues zur Erinnerung an den "Prediger von Buchenwald" Pfarrer Paul Schneider.
Jetzt ist es amtlich und vollzogen: Die vor einiger Zeit beschlossene Fusion der evangelischen Gemeinden von drei Dörfern und einer kleinen Stadt ist vollendet. Die neue Gemeinde an der Nahe und am Glan heißt jetzt Paul-Schneider-Gemeinde und ist mit Leben erfüllt. Mit zahlreichen Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft feierte die Paul-Schneider-Gemeinde am Sonntag, dem 9. Januar 2022, ihren Gründungsgottesdienst in der evangelischen Kirche von Staudernheim. Die Gemeinde ist aus der Fusion von Bad Sobernheim und Staudernheim, wozu auch Abtweiler und Lauschied gehören, hervorgegangen. Ehrengast war Karl-Adolf Schneider, Sohn des Namensgebers der neuen Gemeinde.
Lesen Sie hier den Vorbericht "Auf den Spuren des unbeugsamen Seelsorgers" im Öffentlichen Anzeiger vom 30. Dezember 2021 zur Gemeindegründung mit Karl-Adolf Schneider.
Am Sonntag, dem 9. Januar 2022, feierte die Paul-Schneider-Gemeinde in der evangelischen Kirche in Staudernheim ihre Gründung.
Lesen Sie dazu den Artikel "Paul-Schneider-Gemeinde feiert die Gründung" im Öffentlichen Anzeiger vom 13. Januar 2022.
Am Abend des Gründungstages gab es dann einen Abendsegen in der evangelischen Matthiaskirche in Bad Sobernheim.
Lesen Sie HIER den Bericht "Abendsegen rundet den Gründungstag ab" im Öffentlichen Anzeiger vom 14. Januar 2022.
Inzwischen ist auch die Kirchenzeitung der Evangelischen Kirchengemeinden Bad Sobernheim und Staudernheim "Die Brücke" als Organ der Evangelischen Paul-Schneider-Gemeinde erschienen.
Lesen Sie hier die Ausgabe für Februar und März 2022 von "Die Brücke - Evangelische Paul-Schneider-Gemeinde". In ihrem Innenteil berichtet "Die Brücke" anschaulich über den Gründungstag der neuen Gemeinde.
Sehen Sie HIER die Fotos und lesen Sie den Begleittext dazu.
Zu dieser neuen Entwicklung passt es sehr gut, dass inzwischen die seit einem Jahr auf dieser Homepage zu sehende Dokumentation "'Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme.' Pfarrer Paul Schneider (1897-1939) und seine Familie" nicht nur als Buch erschienen, sondern schon in 2. Auflage herausgekommen ist. Der Rhein-Mosel-Verlag hat das Buch unseres stellvertretenden Vorsitzenden Joachim Hennig in sein Verlagsprogramm aufgenommen und bewirbt es in seinen Medien.
Lesen Sie dazu den Link:
https://r-m-v.de/zeitgeschichte/1163-wer-aus-der-wahrheit-ist-der-hoeret-meine-stimme
Die Namensgebung der neuen Gemeinde war für zahlreiche Gläubige auch Anlass, unter dem Motto "Meine Geschichte mit Paul Schneider" persönliche Zeugnisse zum Namenspatron zu geben. Einer von ihnen war der im Jahr 1948 in Pferdsfeld geborene und dort aufgewachsene Werner Bohn. Bohn wurde einer der Initiatoren der Umsiedlung wegen der Lärmbelastung durch den benachbarten NATO-Flugplatz und zog 1980 mit seiner Familie nach (Bad) Sobernheim um. Er war Lehrer, zuletzt Rektor der Grundschule Bad Sobernheim, aktiv in Gemeinderat, Stadtrat und Kreistag als Mitglied der SPD. Seit vielen Jahren schreibt Bohn für "Die Brücke", die Zeitung der dortigen Kirchengemeinde, jetzt der Evangelischen Paul-Schneider-Gemeinde. Daraus stammt auch dieser Beitrag.
Ein Pferdsfelder
Paul Schneider, ein Pferdsfelder – wie ich. Auch wenn er nur die ersten 13 Jahre seines Lebens am Soonwaldrand verbrachte und ich weniger als die Hälfte meines Lebens, so gilt für uns beide der Eintrag in seinem Tagebuch (1925): „Heimatluft ist halt Heimatluft, und diese Naturverbundenheit können wir wohl überwinden, aber nie verlieren.“
Paul Schneider gehörte zur Generation meines Großvaters, der ihm, vier Jahre älter, sicher in Dorf, Gemarkung und Schule oft begegnet ist. Als „Parrersch Paul“, wie man ihn wohl nannte, hatte er bei den Dorfkindern wohl eine Sonderstellung, wird mit ihnen aber gespielt und getobt haben, „Versteckelches“ und „Reiwer un Schandarm“ gespielt, durch „Holzborr, Benseloch un Miehleberg“ gestreift sein. Er hat bei Bauern mit angepackt, saß bei Familien mit am Tisch, trank Wasser vom Röhrbrunnen unterhalb vom Pfarrhaus. Nach dem Umzug der Familie ins hessische Hochelheim und Kriegsdienst als 18jähriger Freiwilliger kam Paul Schneider als Student und danach auch als Pfarrer und Familienvater immer wieder in die alte Heimat zu Besuch, fühlte sich hier wohl, wie seine Frau später schreibt: „Die Kindheitserinnerungen wurden wieder wach. Paul freute sich sehr an der alten Heimat.“ Die langjährige Haushälterin der Familie, Sophie Helmes, war auch Pferdsfelderin.
Als Nachkriegs-Geborener erfuhr ich in meiner Kindheit und Jugend so gut wie nichts von dem wohl berühmtesten Pferdsfelder. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir jemand etwas von ihm erzählt hat, weder in meinem Elternhaus noch in der Volksschule, weder im Konfirmanden-Unterricht noch im Sobernheimer Gymnasium. Erst viel später, als Erwachsener, hörte und las ich vom aufrechten und unbeugsamen „Prediger von Buchenwald.“
1963 wurde die neue dreiklassige Pferdsfelder Volksschule „Paul-Schneider-Schule“ genannt. Später hörte ich, dass es gegen diese Namensgebung verdeckten Widerstand im Dorf gegeben habe. Offen wollte wohl niemand Kritik äußern, so versuchte man es mit hilflosen Argumenten. Bei der entscheidenden Abstimmung im Gemeinderat habe einer der Gegner gesagt: „Der Lausbub hott jo frieher bei uus Äppel geklaut!“ Dabei war dieser „Mundraub“ für uns Dorfkinder (und Erwachsene) nichts Besonderes.
Als später einmal im Familienkreis über Paul Schneider gesprochen wurde, hörte ich den deutlichen Vorwurf: „Warum hat er keine Rücksicht auf seine Frau und seine Kinder genommen? Er hätte doch nur den Mund halten müssen.“ Der mutige Pfarrer Paul Schneider, der bis zuletzt zu seiner Überzeugung stand, hatte kein Ansehen bei vielen, die im Dritten Reich sozialisiert wurden – auch nicht, nachdem ihnen die Augen eigentlich hätten aufgegangen sein müssen. Ich habe zudem den Eindruck, dass diese kritische Einstellung zu Paul Schneider auch an viele Pferdsfelder der Nachkriegsgeneration weitergegeben wurde.
Heute ist Paul Schneiders Name mit Bad Sobernheim fest verbunden, besonders im Leinenborn, der neuen Heimat für uns Pferdsfelder. Paul-Schneider-Straße und Paul-Schneider-Gästehaus erinnern uns alltäglich an ihn. Zum PSG, dem Paul-Schneider-Gymnasium, zieht es auch Bad Sobernheimer Kinder – oft auch wegen des zusätzlichen Sport-Angebots. Nun ist sogar unsere fusionierte Evangelische Paul-Schneider-Gemeinde nach dem Unbeugsamen benannt.
Als ich mit meiner Frau vor ein paar Jahren in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar vor Paul Schneiders Todeszelle stand, schauderte es mich. Hier hatte ein Pferdsfelder sein Leben verloren, der so mutig und unbeugsam war. Hätte er - wie viele andere – klein beigegeben und wäre er im breiten Strom mitgetrieben, dann könnten wir heute nicht stolz auf ihn sein. Den Dickschädel des Hunsrückers hat er wohl in seiner Heimat bekommen.
Werner Bohn