Neu erforschte Schicksale von Zeugen Jehovas vom Westerwald
Sehr gern weist der Förderverein Mahnmal Koblenz auf neue Forschungsergebnisse zu den Zeugen Jehovas hin, die er von dem Lehrer und Historiker Dr. Markus Müller erhalten hat.
Dem Förderverein ist es seit mehr als 20 Jahren wichtig, über das ganz besondere Schicksal der Zeugen Jehovas in der NS-Zeit, die damals noch Ernste Bibelforscher hießen, aufzuklären. Das geschah bereits im Jahr 2001 mit der Präsentation der Wanderausstellung „Standhaft trotz Verfolgung – Zeugen Jehovas unter dem NS-Regime“ der Wachtturm-Gesellschaft.
Erinnert wurde damit an die Menschen dieser damals sehr kleinen Gruppe von Christen, die ein ganz schweres und bemerkenswertes Schicksal erlitten hatten, das lange Zeit unbekannt war. Die Ernsten Bibelforscher waren die erste Gruppe, die aus religiösen Gründen verfolgt wurde. Ihr offizielles Verbot datiert bereits vom 24. Juni 1933. Zudem waren die Zeugen Jehovas die einzige religiöse Gruppe, die in den Konzentrationslagern der Nazis eine eigene Häftlingskategorie erhielt, den „lila Winkel“ der Bibelforscher.
So waren die damals ca. 25.000 Zeugen Jehovas in Deutschland einer sehr frühen, ganz außerordentlichen und erbarmungslosen, sehr oft jahrelangen Verfolgung ausgesetzt: Ungefähr 10.000 von ihnen wurden verfolgt, vor allem – von unterschiedlicher Dauer – inhaftiert. Etwa 2.000 Zeugen Jehovas kamen in den Konzentrationslagern um. Darüber hinaus starben oder wurden ermordet 1.200 weitere Zeugen Jehovas. Zu den letztgenannten gehören allein etwa 250, die als Kriegsdienstverweigerer zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.
Schon damals ergänzte unser Förderverein diese Ausstellung um einen regionalen Teil, in dem erstmals in Koblenz und Umgebung die regionale Geschichte und Verfolgung dieser Glaubensgemeinschaft aufgearbeitet und präsentiert wurde.
Lesen Sie dazu HIER Informationen von 2001
Da im Jahr 2001 die Ausstellung nur wenige Tage hier präsentiert werden konnte, war fast zehn Jahre später, im Jahr 2010, die Verfolgung der Zeugen Jehovas zum internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2010 erneut Thema.
Diesmal hatte der Förderverein zu der bundesweiten Wanderausstellung einen regionalen Teil mit Schicksalen von Zeugen Jehovas aus dem Koblenzer Raum erarbeitet. Dargestellt wurden von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Fördervereins Mahnmal Koblenz Joachim Hennig unter dem Titel: „Trotz allem standhaft! – Die Verfolgung und Resistenz der Zeugen Jehovas im Raum Koblenz 1933 – 1945“ die Schicksale von insgesamt zwölf Familien bzw. Einzelpersonen. Diese stammten zwar nicht unmittelbar aus Koblenz, da es hier zur damaligen Zeit keine Versammlung und nicht einmal eine Einzelperson dieser Glaubensgemeinschaft gab, wohl aber aus dessen Umgebung.
Lesen Sie dazu HIER Informationen von 2010.
Im letzten Jahr hat nun der Historiker Dr. Markus Müller seine umfangreichen Recherchen zu Zeugen Jehovas im Oberwesterwald veröffentlicht. Unter dem Titel: „Vor 85 Jahren ging die Gestapo gegen die Zeugen Jehovas vor – Neue Erkenntnisse über die Verfolgungen aus Unterlagen der Nationalsozialisten“ berichtet Müller in der Westerwälder Zeitung vom 30. Juni 2021 über eine Gruppe Ernster Bibelforscher aus Zinhain (heute ein Ortsteil von Bad Marienberg) und eine weitere Gruppe aus Borod.
Wir danken Herrn Dr. Markus Müller für die Überlassung seines Beitrages. Dr. Müller aus Nister ist als Oberstudienrat am Mons-Tabor-Gymnasium Montabaur mit den Fächern Deutsch und Geschichte tätig. Er wurde mehrfach mit seinen Lerngruppen für innovative Unterrichtsprojekte ausgezeichnet und erhielt 2009 aus den Händen von Bundespräsident Köhler den Deutschen Lehrerpreis.
Lesen Sie HIER den Zeitungsartikel aus Westerwälder Zeitung vom 30.06.2021
Erinnerung an den 8. Mai 1945
Am 8. Mai vor 77 Jahren, am 8. Mai 1945, endete der Zweite Weltkrieg auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Am 7. Mai um 2.41 Uhr unterzeichnete Generaloberst Jodl im Hauptquartier des US-Generals Eisenhower in Reims die deutsche Gesamtkapitulation, die am 9. Mai in Kraft treten sollte. Am 8. Mai 1945 teilte Großadmiral Dönitz in einer Rundfunkansprache mit, dass ab 23 Uhr deutscher Zeit die Waffen schweigen. Am 9. Mai 1945 um 00.01 Uhr MEZ trat die deutsche Kapitulation in Kraft. Sie wurde um 00.16 Uhr noch einmal in Karlshorst von Generalfeldmarschall Keitel, Generaladmiral von Friedeburg und Generaloberst Stumpff für Deutschland, von dem britischen Luftmarschall Tedder und dem sowjetischen Marschall Schukow für die Alliierten in Abwesenheit des US-Generals Spaatz und des französischen Generals de Lattre de Tassigny unterzeichnet.
Der letzte Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) gab bekannt: „Seit Mitternacht schweigen nun an allen Fronten die Waffen. Auf Befehl des Großadmirals hat die Wehrmacht den aussichtslos gewordenen Kampf eingestellt. Damit ist das fast sechsjährige ehrenhafte Ringen zu Ende.“ Der Bericht schloss mit den Worten: „Die Wehrmacht gedenkt in dieser schweren Stunde ihrer vor dem Feinde gebliebenen Kameraden. Die Toten verpflichten zu bedingungsloser Treue, zu Gehorsam und Disziplin gegenüber dem aus zahllosen Wunden blutenden Vaterland.“
Der von Hitler und sein Regime angezettelte Zweite Weltkrieg hatte unermessliches Leid, Tod und Zerstörung über weite Teile Europas gebracht. Ca. 55 Millionen Tote waren zu beklagen, davon 5,5 Millionen Deutsche und 50 Millionen Angehörige zahlreicher anderer Völker. Ein Viertel der Toten waren Zivilisten, unter ihnen 6 Millionen Juden, die dem rassenideologischen Wahn zum Opfer gefallen waren, und ca. 5 Millionen andere Opfer des Nationalsozialismus. Deutschland war dreifach geschlagen: militärisch, politisch und moralisch.
Jahrzehntelang war die Bedeutung des 8. Mai 1945 umstritten. Für die einen war es der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, für andere der Tag der Kapitulation und der deutschen Niederlage. Spätestens seit der Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäckers im Jahr 1985 zum 40. Jahrestag des 8. Mai, gilt er auch in der Bundesrepublik als „Tag der Befreiung“ vom Nationalsozialismus. Damals sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker:
„Der 8. Mai ist für uns vor allem ein Tag der Erinnerung an das, was Menschen erleiden mussten. Es ist zugleich ein Tag des Nachdenkens über den Gang unserer Geschichte. Je ehrlicher wir ihn begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen. (…) Was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ (zit. nach: Richard von Weizsäcker: Von Deutschland aus. Reden des Bundespräsidenten, 1987, S. 11ff).
In diesem Sinne hat der Redakteur Wolfgang Bartels in der Allgemeinen Zeitung (AZ) – Ausgabe Bad Kreuznach – vom 7. Mai 2022 der Opfer des Nationalsozialismus in der Nahe-Region gedacht. In dem Artikel wird an 10 NS-Opfer aus dem Naheland erinnert, die unser Förderverein Mahnmal Koblenz biografiert hat, zuletzt in der Ausstellung „Rheinische jüdische und politische Emigranten in französischer Haft“.
Lesen Sie HIER den Artikel in der AZ – Ausgabe Bad Kreuznach – vom 7. Mai 2022