Der Förderverein trauert um Gunhild Schulte-Wissermann und Siegfried Hesse
Die Trauersonntage im November, Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag („Totensonntag“), sind für unseren Förderverein auch aktueller Anlass zum Trauern und zum Gedenken. Wir trauern um Gunhild Schulte-Wissermann und Siegfried Hesse.
Frau Gunhild Schulte-Wissermann war unserem Verein und der Gedenkarbeit in Koblenz seit Beginn der 2000er Jahre sehr verbunden. Der Kontakt kam mit der von unserem stellvertretenden Vorsitzenden Joachim Hennig begonnenen Vortragsreihe bei der VHS Koblenz über NS-Opfer aus Koblenz und Umgebung zustande. Daraus entwickelte sich das gemeinsame Projekt einer Biografie über den Koblenzer Sinto, Auschwitz-Überlebenden, Musiker und Stammvater einer Musikerfamilie Daweli Reinhardt. Nach einer Idee von Gunhild Schulte-Wissermann trafen sich im Wohnzimmer der Familie Schulte-Wissermann Daweli Reinhardt und Joachim Hennig zu zahlreichen Interviews. Auf der Grundlage dieser Gespräche schrieb Joachim Hennig dann die (Auto)Biografie von Daweli Reinhardt: „Hundert Jahre Musik der Reinhardts – Daweli erzählt sein Leben.“
Das Büchlein wurde zusammen mit Gunhild Schulte-Wissermann im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz bei einem Gipsy-Swing-Konzert, dem letzten von Daweli Reinhardt, am 28. Juni 2003 auf der Festung Ehrenbreitstein vorgestellt. Inzwischen das Buch mit zwei Nachworten in der 3. Auflage erschienen.
Zur gleichen Zeit erarbeitete unser Förderverein seine Dauerausstellung mit Biografien von NS-Opfern aus Koblenz und Umgebung. Die ersten 17 Biografien stellten wir mit Gunhild Schulte-Wissermann im Mai 2003 im Kurt-Esser-Haus der Öffentlichkeit vor.
Seitdem war Gunhild Schulte-Wissermann, die Gattin des langjährigen Oberbürgermeisters und Ehrenbürgers von Koblenz Dr. Eberhard Schulte-Wissermann, die Schirmherrin unserer Dauerausstellung. Diese Ausstellung ist inzwischen umfangreich gewachsen. Sie umfasst jetzt 145 Lebensbilder von NS-Opfern aus Koblenz und Umgebung, wurde schon vielfach präsentiert und ist auf dieser Homepage weltweit zu sehen.
Eine Präsentation gab es zum Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus im Jahr 2007 mit dem Landtagspräsidenten Joachim Mertes und Gunhild Schulte-Wissermann sowie Angehörigen von NS-Opfern mit dem Thema „‘Wir können nur vorwärts, denn hinter uns ist der Tod.‘ – NS-Opfer aus der Region Koblenz und Neuanfang vor 60 Jahren.“ im Landtag von Rheinland-Pfalz.
Eröffnung der Ausstellung unseres Fördervereins
"Wir können nur vorwärts, denn hinter uns ist der Tod." zum 27. Januar 2007 im Landtag von Rheinland-Pfalz:
(v.l.n.r.): Landtagspräsident Joachim Mertes, Schirmherrin Gunhild Schulte-Wissermann, Django Reinhardt,
stellvertretender Vorsitzender unseres Fördervereins Joachim Hennig.(Quelle: Klaus Benz).
In ganz anderer Weise war der Metternicher Siegfried Hesse für unseren Förderverein und die Gedenkarbeit für NS-Opfer in Koblenz engagiert. Hesse war durch einen anderen Metternicher, Heinz Rinck, zu unserem Förderverein gekommen. Gemeinsam waren die beiden aktiv bei der Verlegung und dem Putzen der von dem Kölner Künstler Gunter Demnig in Koblenz verlegten Stolpersteine. Mit seinem umfangreichen zeitgeschichtlichen Wissen und seinem Einsatz war Herr Hesse ein sehr geschätztes Mitglied des Vereins und bald auch im Vorstand.
Siegfried Hesse
(bei einer Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die NS-Opfer in Koblenz.)
In den letzten Jahren hatten sich Frau Gunhild Schulte-Wissermann und Herr Siegfried Hesse aus persönlichen Gründen zurückziehen müssen.
Wir trauern um sie, sind in Gedanken bei den hinterbliebenen Angehörigen, mit denen wir mitfühlen, und danken den lieben Verstorbenen für ihr Engagement für unseren Förderverein und die Gedenkarbeit in Koblenz.
Neues von Norbert Widok
Norbert Widok (1921-2008) war ein junger Pole, der anfangs des Zweiten Weltkriegs in das damaligen Deutsche Reich verschleppt wurde. Zunächst war er Häftling in einem Justizgefangenenlager im Emsland und kam dann als Zwangsarbeiter nach Bassenheim bei Koblenz. Dort war er im Arbeitslager „Eiserne Hand“ in Bassenheim bei Koblenz und wurde zu Arbeiten an der Reichsautobahn in der Eifel eingesetzt. Als dieses Projekt aufgegeben wurde, war er Zwangsarbeiter in einer Fabrik in Siegburg. Nach einer Flucht von dort folgte eine Odyssee, die ihn schließlich ins Konzentrationslager Groß-Rosen brachte. Zuletzt verschleppte man ihn noch in das KZ Flossenbürg, Kommando Leitmeritz. Kurz vor Kriegsende gelang ihm die Flucht und dann auch die Rückkehr in die Heimat.
Unser Förderverein hat Norbert Widoks Geschichte in einer kleinen Biografie festgehalten, nachdem er im Jahr 2001 in Bassenheim, einem der Orte seiner früheren Verfolgung, zu Besuch war.
Jetzt hat der Regionalforscher Wolfgang Schmitt-Kölzer, Wittlich, dieses Schicksal neu und sehr plastisch aufgearbeitet. Anstoß dazu war, dass Schmitt-Kölzer vor einigen Jahren eine Regionalstudie zur Zwangsarbeit über die Reichsautobahn (Wolfgang Schmitt-Kölzer: Bau der Reichsautobahn in der Eifel [1939-1941/42]) geschrieben hatte. Jetzt hat Schmitt-Kölzer die Ergebnisse seiner Forschungen speziell zu Norbert Widok zusammengetragen und auch noch dessen Sohn Adam Widok für seine Arbeit gewinnen können. Entstanden ist so eine eindrückliche Biografie mit zahlreichen Fotos von Norbert Widok, weiteren Informationen zu dem Zwangsarbeiterlager „Eiserne Hand“ bei Bassenheim sowie einem Link zu einem Interview, in dem Norbert Widok seine Flucht aus dem Lager in Siegburg geschildert hat.
All dies ist online zu sehen und zu lesen auf der Website von „Porta Polonica“. Dies ist eine digitale Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der PolInnen in Deutschland. Sie will die Spuren und Einflüsse des polnischen Lebens in Deutschland erforschen, dokumentieren und im Internetportal sichtbar machen. Gleichzeitig versteht sie sich als Forum für die in Deutschland lebenden PolInnen. Sie bildet eine digitale Plattform zur Vernetzung und zum Austausch und leistet damit einen Beitrag zur aktiven Mitgestaltung der Erinnerungskultur.
HIER ist der Link zu der sehr interessanten Biografie von Norbert Widok